Kaum Hoffnung für Hanjin
Insolvente südkoreanische Reederei leidet auch unter hausgemachten Problemen
Die Probleme bei Hanjin Shipping waren lange bekannt - doch die Pleite der größten südkoreanischen Reederei traf Schiffseigner, Häfen und Einzelhändler in aller Welt scheinbar unvorbereitet. Bis Dienstag war der größte Teil der 142 Schiffe umfassenden Hanjin-Flotte von Container- und Massengutfrachtern noch außer Betrieb. Die meisten von ihnen saßen voll beladen vor Häfen fest, ganze Lieferketten sind gestört.
Der Wert des nicht umgeschlagenen Frachtguts wird auf 14 Milliarden Dollar (12,5 Milliarden Euro) geschätzt. Befrachter können nicht liefern, Einzelhändler warten auf ihre Ware. Die Insolvenz der siebtgrößten Reederei verdeutlicht nach Ansicht von Experten auch die Krise der gesamten Containerschifffahrt.
Nun ist auch Südkorea in die Bredouille geraten. Kommentatoren werfen der Regierung vor, auf die Pleite zu spät reagiert zu haben. »Die Regierung hat keine richtige Strategie«, meint der Analyst Park Moo Hyun von Hana Financial Investment. Große Unternehmen wie Samsung hätten aber bereits viel Volumen auf andere Reedereien umgeleitet. Alle Beteiligten bemühen sich darum, die Logistikkrise in den Griff zu bekommen.
Dabei gibt es bereits erste Lichtblicke. In den USA konnten festsitzende Schiffe den Hafen von Long Beach anlaufen. »Das ist eine große Erleichterung für die Eigentümer der Ladung und eine gute Nachricht für die Verbraucher vor der Urlaubseinkaufssaison«, zitierten die »LA Daily News«.
Auch in Japan und Großbritannien könnten Schiffe von Hanjin wieder die Häfen anlaufen, sagt Firmensprecherin Park Min. Südkoreanische Medien berichteten zuvor von Besatzungen, denen die Verpflegung ausgehe. »Die Schiffe auf See werden mit Lebensmitteln und Wasser versorgt«, so Park.
Was mit den anderen festsitzenden Schiffen passiert, ist unklar. Im Hamburger Hafen kann das Containerschiff »Hanjin Europe« nicht auslaufen, weil Rechnungen nicht bezahlt sind. Zum einen wurde Schiffen die Zufahrt in die Häfen aus Sorge verweigert, dass Gebühren nicht bezahlt werden. Zum anderen fürchtete Hanjin, dass Schiffe von Gläubigern beschlagnahmt werden könnten.
Die Krise ist auch hausgemacht. Der Konzern habe die Expansion zu weit getrieben, meint Analyst Park. Das größere Problem sieht er darin, dass viele Schiffe in China gefertigt worden seien: Die Kraftstoffeffizienz dieser sei zu gering. Bis 2020 werde Schweröl durch sauberere Treibstoffe ersetzt, etwa durch flüssiges Erdgas. Hier sieht Park auch Probleme auf die Konkurrenz zukommen.
Die Aussicht auf eine Rettung der verschuldeten Hanjin Shipping ist derweil düster. Zwar soll das Unternehmen bis zum 25. November einen Rettungsplan vorlegen. Doch eine Liquidation gilt fast als sicher. dpa/nd
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