Kroatien sucht seine Koalition
Nationalisten machen Druck
In Kroatiens Wahlen hat sich Andrej Plenkovic als neue Galionsfigur der konservativen HDZ erstaunlich gut geschlagen. Doch die Feuertaufe steht dem bisherigen Europaparlamentarier bei dem beginnenden Koalitionspoker bevor.
Einerseits muss der selbst erklärte Mann der Mitte im zersplitterten Parlament eine solide Regierungsmehrheit schmieden. Andererseits hat der 46-Jährige nicht nur den Appetit potenzieller Koalitionspartner, sondern auch den nationalistischen Flügel der eigenen Partei zu befrieden. Ohne eigene Hausmacht, aber mit einem überzeugenden Wahlsieg im Rücken wird der umgängliche Ex-Diplomat um eine Machtprobe mit der nach wie vor sehr starken Parteirechten nicht herumkommen.
Von »steigenden Spannungen« vor dem Koalitionsgerangel berichtet die Zeitung »Jutarnji List«: »Die HDZ-Spitze verliert die Geduld.« Doch es sind nicht die Forderungen der potenziellen Partner, sondern die Ansprüche eines prominenten Parteirechten, die laut dem Blatt den neuen HDZ-Chef Plenkovic zunehmend verärgern. Vehement drängt der bisherige Kulturminister Zlatko Hasanbegovic auf seine Wiederberufung ins Kabinett.
Doch gegen eine Verlängerung der Amtszeit des Ministers, der vor allem wegen der Verharmlosung der faschistischen Ustascha umstritten ist, wäre nicht nur für Kroatiens jüdische Gemeinde, sondern auch für die serbische Minderheit ein rotes Tuch.
Zwar kündigte Plenkovic nach seiner Kür zum HDZ-Chef im Juli die Rückführung seiner ins nationalistische Sektierertum abgedrifteten Partei in die bürgerliche Mitte an. Doch personell ist die HDZ-Führung trotz des neuen Kapitäns weitgehend dieselbe geblieben. Prominente Parteirechte, die vor der Parlamentswahl demonstrativ auf hintere Listenplätze verbannt worden waren, gelangten über Vorzugsstimmen erneut ins Parlament. Galt der populäre »Plenki« bislang als Mann ohne harte Ecken und Kanten, wird Kroatiens designierter Premier spätestens bei der Zusammenstellung eines Kabinetts Zähne zeigen müssen. Nur Einbinden scheint nicht genug, der neue HDZ-Chef wird die eigene Parteirechte nicht nur befrieden, sondern politisch weitgehend ausschalten müssen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.