Berliner Piraten-Chef Kramm wechselt zu den Grünen
Rücktritt wegen schlechter Wahlergebnisse und Perspektivlosigkeit / Bruno Kramm: Schuld sind die anderen
Berlin. Nach dem Wahldebakel der Berliner Piraten verlässt der Landesvorsitzende Bruno Kramm (48) die Partei und wechselt zurück zu den Grünen. Am Donnerstag trat Kramm, der auch Spitzenkandidat war, vom Landesvorsitz der Piraten zurück. In seiner Begründung sprach er von einem »Kräfte zehrenden, verlorenen Wahlkampf« und einem »desaströsen Wahlergebnis«.
Dazu sei eine »unerwartete Trauerphase über eine menschliche Tragödie am Rande der Partei« gekommen, erklärte er mit Blick auf den Piraten-Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner, der sich das Leben genommen hatte. »Ohne jeden Groll oder Enttäuschung stelle ich fest, dass für mich die Zeit gekommen ist, neue Wege in meiner politischen Arbeit zu gehen.«
An diesem Freitag will Kramm seinen Wiedereintritt bei den Grünen erklären, wie der Brandenburger Landesverband der Partei mitteilte. Kramm werde seinen Wohnsitz zurück nach Werder/Havel im Landkreis Potsdam-Mittelmark verlegen. Der Musiker und Musikproduzent Kramm war bereits von 2009 bis 2012 Mitglied den Grünen, bevor er zu den Piraten ging.
In seiner Rücktrittserklärung griff er frühere Piraten-Politiker an, die die Partei verlassen hatten. Er sei überzeugt, dass die Wahrnehmung der Partei so schlecht gewesen sei, weil »einige prominente Ex-Mitglieder ihr öffentliches Gewicht zum bewussten Schaden an der Partei skrupellos eingesetzt haben«. Die Berliner Abgeordneten Christopher Lauer, Martin Delius und Oliver Höfinghoff, der Bundesvorsitzende Bernd Schlömer sowie weitere Piraten waren zu anderen Parteien wie der SPD, den Linken und der FDP gewechselt.
Bereits am Mittwoch hatte Kramm wegen des Todes von Claus-Brunner gesagt: »Diese schreckliche menschliche Tragödie belastet mich sehr«. Er habe sich zunächst »in seine zweite Heimat Finnland« zurückgezogen. »Ich brauche Abstand, ich will abschließen mit dem Fall.« Es sei alles zu viel für einen Musiker wie ihn. Er werde dann sehen, wie er sich politisch weiter engagiere.
Kramm war seit November 2014 Vorsitzender der Piratenpartei Berlin. Für den Übergang wird der Landesverband von seinem Stellvertreter Simon Kowalewski geführt. Die Piratenpartei war 2011 überraschend mit 8,9 Prozent und 15 Abgeordneten in das Berliner Landesparlament eingezogen. Bei der Wahl am vergangenen Sonntag erreichte sie nur 1,7 Prozent der Wählerstimmen und flog wieder raus. dpa/nd
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!