Baumslalom mit Strafdusche
Sport-Schotten lassen es landauf, landab richtig krachen
Sie sind echte Bayern, das ist nicht zu überhören. Warum dann schottisches und kein bayerisches Brauchtum?
Franz Ritzer: In Bayern leben wir ja nicht dermaßen abgeschottet, dass wir nicht über die Weißwurstgrenze hinausschauen. Abgesehen davon bin ich recht erfolgreicher Steinheber, das ist eine traditionell bayerische Disziplin. Und obendrein betreibe ich Kraftsport. Wir sind immer offen für neue Erfahrungen.
Kraftdreikampf, Steinheben und Fingerhakeln haben Ihnen demnach nicht genügt?
Franz Ritzer: Fingerhakeln ist ohnehin nicht so mein Ding. Und zu Highland Games haben mich Freunde überredet; die suchten damals händeringend einen Ersatzfreiwilligen für ihr Team, um bei einem Turnier starten zu können. Dabei hat mir dann gefallen, dass es nicht auf Biegen und Brechen ums Gewinnen ging, sondern um Miteinander und Spaß.
Barbara Ritzer: Genau das hat auch mich überzeugt. Früher hielt ich mich fit mit Joggen, Bladen und Ausdauerübungen. Das Übliche halt, ich wäre aber aber nie auf die Idee gekommen, irgendwelche Gewichte zu stemmen. Doch mein Mann hat mich sehr geduldig zum gemeinsamen Training motiviert. Das sind Kraftsportdisziplinen, in die auch ein normaler Breitensportler spontan einsteigen kann.
Okay, Slalomlaufen in Zweiergruppen mit einem Baumstamm auf den Schultern hätten vielleicht auch wir uns zugetraut...
Franz Ritzer: Sehen Sie! Jeder, ob dünn oder dick kann in unserem Sport aus dem Stand loslegen. Und du musst nicht einmal unschlagbar toll sein: Es reicht, dass du überhaupt etwas reißt, damit das Publikum dich anfeuert.
Barbara Ritzer: Der Baumstammslalom ist ein gutes Beispiel. Geschicklichkeit ist wichtiger als pure Kraft. Die Pfosten des Parcours sind eng gesetzt, folglich musst du clever und geschmeidig sein, um mit dem geschulterten Stamm so flott wie möglich durchzuholzen. Oben auf den Pfosten stehen manchmal gefüllte Wassergläser, und wer da vom Kurs abkommt, kriegt zu den Strafsekunden noch eine Strafdusche...
Da ist also ganz schön Jux dabei.
Franz Ritzer: Ganz klar, unsere »Oberschwäbischen Highländgames« - man beachte schon mal die Schreibweise - sind nicht übermäßig ernsthaft ausgerichtet. Aber richtig Sport gibt es da dennoch. Wobei z.B. die Internationalen Highland Games am vergangenen Wochenende in Trebsen sportlich noch eine andere Liga sind. Highland Games sind derzeit übrigens der am schnellsten wachsende Breitensport in Deutschland.
Haben Sie eine Erklärung für diesen überraschenden Trend?
Barbara Ritzer: Weil du bei Highland Games unvergessliche und unvergleichliche Erfolgserlebnisse hast. Am Anfang sagt sich doch jeder: »Ich werde niemals einen Baumstamm schmeißen!« Aber dann bringt dir jemand die notwendigen Tricks bei. Und du schaffst das, und hinterher spazierst du mit stolz geschwellter Brust raus und sagst dir, »boah, ich hab's echt geschafft!«
Und wie kriegt man den Baumschmiss, also den besagten »Caber Toss« hin?
Barbara Ritzer: Du machst einen Anlauf, reißt die Hände hoch und gibst dem Baum gleichzeitig einen Impuls, so dass er nach vorne fliegt und sich überschlägt.
Was ist Ihre beste Weite?
Barbara Ritzer: Darauf kommt es nicht an, sondern der Baum soll sich in der Luft um 180 Grad drehen.
Das braucht sicher viel Übung.
Barbara Ritzer: Na klar, und zu diesem Zweck haben wir ein paar Baumstämme im Garten liegen. Plus Heugabel und Strohsack, letzterer muss mit der Forke hochgeschleudert werden, auch das gehört zu den High᠆land Games.
Irgendwie ähneln sich schottisches und bayerisches Sportbrauchtum, also schon, oder?
Franz Ritzer: Gemeinsam sind wir der Tradition verbunden, aber wir Bayern tragen Lederhosen, die Schotten den Kilt.
Und was wird da nun wirklich drunter getragen, unterm Kilt?
Franz Ritzer: Nix.
Barbara Ritzer: Der Schotte trägt nix - wir schon!
Highland Games in Deutschland beim Deutschen Highland Games Verband: german-highlander.de
»Oberschwäbische Highländgames« in Wilhelmskirch: www.highländgames.com; Internationale Highland Games in Trebsen: www.highlandgames.de
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