Kauder: Kein Grund für Ausschluss von Kudla aus Fraktion
Fraktionsspitze der Union will Kudla wegen »Umvolkungs«-Tweet zur Rede stellen / Hasselfeldt fordert »deutliche Ansage« für CDU-Politikerin
Berlin. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla muss wegen ihres Twitterkommentars zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin vorerst nicht mit Konsequenzen rechnen. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) nannte gegenüber »Spiegel Online« die Wortwahl Kudla zwar »völlig inakzeptabel«. Mit einem Rausschmiss muss die Politikerin aber nicht rechnen »Wir sollten jetzt aber nichts überstürzen. Momentan gibt es keinen Grund, Frau Kudla aus der Fraktion auszuschließen«, so Kauder. Kudla habe den Tweet gelöscht. Das zeige, dass sie die Kritik annehme.
Kudla hatte auf Twitter geschrieben: »BK #Merkel streitet es ab, #Tauber träumt. Die #Umvolkung #Deutschlands hat längst begonnen. Handlungsbedarf besteht!« Mit »Umvolkung« war im Nationalsozialismus die sogenannte Germanisierung von eroberten Gebieten Osteuropas gemeint: Sogenannte Volksdeutsche wurden angesiedelt, polnische Bürger vertrieben. Den Begriff benutzen heute extrem Rechte, um die Migrationspolitik der Bundesregierung zu kritisieren. Den türkischen Regierungskritiker Can Dündar hatte Kudla zuvor »Cansel Dünnschiss« genannt, weil er aufgrund der politischen Entwicklung in der Türkei einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen gefordert hatte. Dies, so Kudla, »wissen wir selbst«. Auch diesen Tweet hat sie inzwischen gelöscht.
Kudla wurde nach ihrem »Umvolkungstweet« scharf kritisiert. So hatte beispielsweise die grüne Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, erklärt: »Frau Kudla dreht frei«. Ihr Parteifreund Jürgen Kasek sagte, die Christdemokratin betreibe »plumpe Anbiederung an die extrem Rechten«. Er schäme sich, dass eine solche Politikerin Leipzig im Bundestag vertrete. Die Amadeu Antonio Stiftung warnte, Kudla bediene »das Leitmotiv der Identitären Bewegung« und setze »die Politik der Bundesregierung mit der der Nationalsozialisten« gleich.
Der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) will mit Kudla noch persönlich sprechen. Er hatte Kudla bereits am Wochenende kritisiert. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, es sei eine »deutliche Ansage« an Kudla nötig.
Bislang hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion erst einmal einen Abgeordneten ausgeschlossen. Im November 2003 stellte die damalige Fraktionsvorsitzende Angela Merkel den Antrag auf Ausschluss des Fuldaer Abgeordneten Martin Hohmann. Er hatte am 3. Oktober 2003 eine Rede mit dem Titel »Gerechtigkeit für Deutschland« gehalten und dabei die Juden mit dem Begriff »Tätervolk« in Verbindung gebracht. Agenturen/nd
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