Starke symbolische Bedeutung
Guido Speckmann über Jeremy Corbyns Sozialismus des 21. Jahrhunderts
»In dieser Partei müsst ihr das Wort nicht länger flüstern: Es heißt Sozialismus«, sagte Jeremy Corbyns enger Vertrauter John McDonnell. Und auch der Labour-Vorsitzende nahm das S-Wort auf dem Parteitag in Liverpool in den Mund. Sein Programm sei nicht rückwärtsgewandt, sondern das Gegenteil davon. »Es ist der Sozialismus des 21. Jahrhunderts.«
Verdient Corbyns Programm dieses Etikett? Er spricht von der Renationalisierung der Bahn, öffentlichem Eigentum und staatlichen Investitionen, höheren Steuern für Reiche, mehr Lohn für Geringverdiener und von Wohnungen für alle. Insbesondere die das Eigentum betreffenden Punkte klingen nach Sozialismus. Ob es aber ein Sozialismus für das 21. Jahrhundert ist, hängt auch von der Umsetzung im Falle der Regierungsübernahme ab. Da ist schon so mancher sozialistischer Tiger als sozial- bis neo-liberaler Bettvorleger gelandet. Doch allein dass der Begriff bei Labour wiederverwendet wird, hat eine starke symbolische Bedeutung. Unter Tony Blair wurde das Wort gemieden - und eine neoliberale Politik gemacht. Dass die runderneuerte Labour Party mit ihren Zehntausenden neuen jungen Anhängern für die Wiederbelebung einer linken Politik steht, ist schon erfreulich genug. Wenn sie nun auch noch über Sozialismuskonzepte streitet, umso besser. Vor allem mit Blick auf den traurigen Zustand der Sozialdemokratie hierzulande.
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