Scharfes für Herrn Li
Biolumne über die Wunderwirkung des Ingwers und das Ergebnis einer neuen Studie
»Meine« Chinesen lieben ihr Essen scharf, besonders bei der Sechuan-Küche. Chili-Paprika ist das bevorzugte Gewürz. Auch Ingwer darf nicht fehlen.
Über die Wunderwirkungen des Ingwers hat die Biolumne bereits berichtet. Ingwer beugt dem Kater nach dem Genuss von Maotai (ein chinesischer Hochprozentiger) vor, wie der Biolumnist aus gelegentlichem (!) Selbstversuch weiß. Die würzige Wurzel hilft auch bei Seekrankheit in schaukelnden Dschunken. Das Gewürz verlangsamt überdies das Fortschreiten einiger Krebsarten und wirkt auch gegen Diabetes und Arthrose. Und das praktisch ohne Nebenwirkungen. Genial!
Nun kommt eine neue Studie zu dem Schluss, dass Ingwer und Chili gemeinsam einige Krebserkrankungen noch effektiver bremsen können. In Zellkulturen haben Inhaltsstoffe der Chili-Schoten sich schon früher als wirksam gegen Krebszellen erwiesen. Andere Untersuchungen wollten aber auch krebserregende Wirkungen gefunden haben. Der hauptsächliche Wirkstoff dabei ist Capsaicin, welches Chilis so scharf macht. Capsaicin heftet sich an Rezeptor-Proteine der Krebszellen in der Zellkultur, bis diese absterben. Erstaunlich ist, dass Capsaicin dabei offenbar die gesunden und normalen Zellen, die den Tumor umgeben, unversehrt lässt.
Beim Prostatakrebs hat eine Studie der Universität von Kalifornien eine krebshemmende Wirkung ermittelt: für eine 90 Kilo schwere Person ungefähr 400 Milligramm Capsaicin dreimal pro Woche. Das entspricht dem verzehr von drei bis acht frischen Chilis pro Woche. Aber Vorsicht: Chilis sind für manche unverträglich!
Der scharfe Stoff in Chili reduziert die Bildung eines Proteins, das in großen Mengen von Tumoren erzeugt wird, zum Beispiel bei Prostatakrebs das prostataspezifische Antigen (abgekürzt PSA). PSA wird heute mit Immuntests gemessen und dient als Indikator. Doch ein praktisches Capsaicin-Medikament ist noch Zukunftsmusik.
Und so bleibt die Empfehlung des britischen Krebsforschungszentrums, das Krebsrisiko »natürlich« mit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung zu senken. Reichlich Gemüse (dabei auch viel Ingwer und Paprika) sowie Obst sind auch sonst gesund.
Was den Biolumnisten als passionierten Kaffeetrinker außerdem freut: Die Wirkung von Capsaicin wird durch Koffein verstärkt! Das heißt, eine Kombination der beiden unterstützt Krebsvorsorge und -heilung, außerdem hilft es bei der Fettverbrennung. Kann wohl jeder gebrauchen …
Also: Kaffee mit Chili … zum Frühstück? Oder: Chili lieber mit Alkohol … zur Nacht?
Chinesen, die scharf gewürzte Speisen bevorzugen, hatten in einer prospektiven Beobachtungsstudie im »British Medical Journal« (Bd. 351, h3942) ein generell niedrigeres Sterberisiko - super, aber nur, wenn sie keinen Alkohol konsumierten - Pech!
Und wenn es höllisch im Schlund brennt?
Ein Biochemiker-Tipp? Man bekommt die Schärfe nicht mit Bier, Tee oder Wasser weg! Die scharfen Substanzen sind nämlich schwer wasserlöslich, aber gut fettlöslich. Und so wirkt ein Löffelchen Olivenöl Wunder.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.