Die Leiden der Söhne Mandelas

Die traditionelle Beschneidung junger Männer in Afrika soll mit neuen Werkzeugen sicherer werden

  • Anne Gonschorek, Kapstadt
  • Lesedauer: 3 Min.

Die traditionelle Beschneidung ist so alt wie das Xhosa-Volk selbst. In Südafrika gilt sie noch immer als wichtigstes Ritual für junge Xhosas, um vom Stand des Kindes in den Kreis der Männer zu wechseln. Jeden Winter verbringt deshalb eine neue Generation von 16- bis 20-Jährigen einen Monat in improvisierten Lagern in den Bergen.

Sie müssen fasten, eine Woche in Einsamkeit verbringen und sich dann dem Ingcibi, dem Beschneider, überlassen. In den restlichen drei Wochen geht es dann traditionsgemäß um die Vorbereitung auf das Erwachsenenleben: Verantwortung, Selbstbestimmung, Ehre und Würde. Doch der Vorgang kann tödliche Folgen haben.

Selbst Nelson Mandela beschrieb das Initiationsritual Ulwaluko als »eine der lehrreichsten Erfahrungen« seines Lebens. In seiner Autobiografie »Der lange Weg zur Freiheit« erklärt er: »Ein unbeschnittener Xhosa-Mann ist ein Widerspruch in sich, denn er wird überhaupt nicht als Mann gesehen, sondern als Junge. Ein Junge weint, doch ein Mann verbirgt seinen Schmerz.«

Heute allerdings geht es bei Ulwaluko vor allem um schnelles Geld. Die Ingcibi hantieren oft mit verunreinigten Messern und unhygienischen Verbänden. In den vergangenen zehn Jahren hat es Hunderte von Toten gegeben. »Kein Eingeweihter wird in dieser Saison sterben«, hieß es noch Anfang des Jahres aus dem nationalen Haus der Traditionellen Führer. Doch allein in der Eastern Province erlagen dieses Jahr 14 junge Männer den Folgen der Prozedur. Laut dem Human Sciences Research Council wurden hier zwischen 2006 und 2013 ganze 5035 Eingeweihte mit Infektionen, Dehydrierung, Amputationen und Unterernährung ins Krankenhaus eingewiesen - 453 Menschen starben.

Doch ein Ende der Tradition ist trotz dieser schockierenden Zustände noch lange nicht in Sicht. Der südafrikanische Modedesigner Laduma Ngxokolo hat deshalb einen Satz an modernen Beschneidungswerkzeugen herausgebracht, welche die traditionellen Bräuche mit moderner Medizin verbinden und den Vorgang wesentlich sicherer machen sollen.

Ngxokolo benutzt seine Leidenschaft bislang, um Kleidungsstücke zu entwerfen, welche die Amakrwala, also die Eingeweihten, für sechs Monate nach dem Beschneidungsritus tragen müssen. Doch nun geht es bei seinem Masterprojekt für die Universität der Künste in London um das Ritual selbst: »Ich hatte die Idee schon eine Weile im Hinterkopf«, sagte er gegenüber der Plattform Design Indaba. »Ich hatte das Gefühl, dass mein Masterprojekt ein toller Weg ist, um über das unausgesprochene Problem zu reden: Dass viele Menschen, die verantwortungsbewusst sein sollten, nichts tun, um die Lage zu verändern.« Er habe etwas kreieren wollen, das sich mit eben dieser sozialen Verantwortung beschäftigt, erklärte er gegenüber Quartz Africa. Deshalb hat er einen Satz an Werkzeugen herausgebracht, das sich stark an der Ästhetik der traditionellen Xhosa-Heiler orientiert. Die Umhängetasche trägt klare, mit bunten Perlen bestickte Linien und beinhaltet einen ausgeschmückten Stab, wie ihn Heiler bereits seit Jahrtausenden besitzen. Zusätzlich gibt es aber auch Handdesinfektionsmittel, antiseptische Salben und Bandagen, die in mit Perlen versehenen Halterungen verstaut sind, damit sie in traditionellen Kreisen akzeptabler erscheinen.

Diese modernen Ergänzungen seien zwar ziemlich primitiv, »haben aber eine große Wirkung«, sagt Ngxokolo. Zusammen mit Broschüren, die mit einfachen Zeichnungen erklären, wie die Hände gewaschen und die Prozeduren sicher durchgeführt werden sollten, könnten seine neuen Werkzeuge Leben retten. Ngxokolo hofft darauf, mit den traditionellen Führern und dem Gesundheitsministerium arbeiten zu können, um sein Projekt voranzubringen.

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