Taliban weichen aus Kundus - wieder einmal

NATO im Sisyphos-Einsatz gegen islamistische Kämpfer in der afghanischen Provinz

  • Lesedauer: 3 Min.

Kundus. Nach heftigen Kämpfen hat die afghanische Armee mit der Unterstützung von NATO-Kampfflugzeugen die Taliban aus dem Zentrum von Kundus vertrieben.

Die islamistischen Rebellen seien in der Nacht mit der Hilfe von Spezialkräften wieder aus der Innenstadt verdrängt worden, doch gebe es weiterhin Kämpfe am Stadtrand, sagte der örtliche Polizeichef Mohammed Kasim Dschangalbagh am Dienstagmorgen der Nachrichtenagentur AFP. Es seien »Hunderte Taliban-Kämpfer« getötet worden. Die Taliban hatten am Montag eine neue Offensive auf die strategisch wichtige Provinzhauptstadt im Norden Afghanistans begonnen. Sie erfolgte genau ein Jahr, nachdem es ihnen bei einer Blitzoffensive gelungen war, die Stadt vorübergehend einzunehmen. Damals waren sie erst nach mehrtägigen Kämpfen und starken Luftangriffen wieder vertrieben worden. Beim Bombardement einer Klinik der Hilfsorganisation »Ärzte ohne Grenzen« durch die NATO wurden damals 42 Menschen getötet.

Der Provinzgouverneur von Kundus, Assadullah Omarchil, sagte, der Einsatz gegen die Aufständischen dauere noch an. Die Einsatzkräfte kämen nur langsam voran, weil sich die Taliban in Wohnhäusern versteckten. Die NATO versicherte, die Regierung kontrolliere Kundus, während das US-Verteidigungsministerium bestätigte, dass US-Kampfflugzeuge Angriffe auf die Taliban bei Kundus geflogen seien. Bei den Kämpfen wurde mindestens ein Zivilist getötet, hieß es. Dutzende erlitten Verletzungen.

Unterdessen ist die Vereinbarung der EU mit Afghanistan über die beschleunigte Abschiebung Tausender Flüchtlinge auf scharfe Kritik von Hilfsorganisationen gestoßen. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei »desolat« und das Land »alles andere als sicher«, erklärte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Dienstag. Er warf der EU vor der internationalen Geberkonferenz zu Afghanistan in Brüssel »glatte Erpressung der afghanischen Regierung« vor.

Die Vereinbarung unter dem Titel »Gemeinsamer Weg nach vorne bei Migrationsfragen« war am Sonntag geschlossen worden. Sie legt die Vorgehensweise bei freiwilliger Rückkehr und Abschiebungen detailliert fest. So sollen im ersten halben Jahr nicht mehr als 50 Afghanen pro Flug zwangsweise abgeschoben werden. Erwogen wird auch der Bau eines eigenen Terminals am Flughafen von Kabul, um abgeschobene Flüchtlinge aufzunehmen. Die EU sichert zudem eine besondere Prüfung der Fälle von alleinstehenden Frauen, alten und schwer kranken Menschen zu. Unbegleitete Minderjährige dürften demnach nur zurückgebracht werden, wenn ihre Familien in der Heimat identifiziert und ihre Versorgung sichergestellt ist. Pro-Asyl-Geschäftsführer Burkhardt bezeichnete dies aber als unzureichend. Die vorgesehenen Schutzmaßnahmen für Minderjährige seien »das Papier nicht wert, auf dem sie stehen«, erklärte er.

Auch Amnesty International rief die EU auf, ihre Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen nicht zu umgehen. Die Organisation warnte Brüssel, Gelder für Kabul von der Rücknahme abhängig zu machen. Agenturen/nd Kommentar Seite 4

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