Zentren des produzierten Elends
Guido Speckmann über den neuen Flüchtlingsreport von Amnesty
Zehn überwiegend arme Staaten - sie stellen nicht einmal 2,5 Prozent der weltweiten Wertschöpfung - nehmen die Mehrheit der Geflüchteten auf. Das stellt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in einem neuen Report fest. Das ist nicht sehr überraschend. Denn die meisten Migranten sind zunächst Binnenvertriebene und fliehen dann weiter in die Nachbarstaaten. Und wovor sie fliehen - Krieg, Elend, Umweltzerstörungen - das existiert überwiegend im globalen Süden. Aber die Zentren des Elends dieser Welt befindet sich dort nicht zufällig, sondern weil der globale Norden diesen Raum mit kolonialistischen und imperialistischen Praktiken geschaffen hat. Und heute noch schafft. Mit Regime-Change-Kriegen wie in Afghanistan, Irak oder Libyen. Mit der Ausdehnung des kapitalistischen Marktes in Gestalt von Freihandelsabkommen.
Die Kritik des Reports, dass die reichen Industriestaaten sich ihrer Pflicht in der Flüchtlingskrise entziehen, ist durchaus berechtigt. Die Forderung, dass sie mehr Menschen aus Syrien und anderen Kriegsgebieten aufnehmen sollen, ist unterstützenswert - zumal die EU gerade dabei ist, das Asylrecht mit Rückführungsabkommen und Dublin IV weiter einzuschränken. Doch sie setzt bei der Bewältigung ein, wo es um die Ursachen für die Migration gehen müsste.
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