Das geschäftsführende Vorstandsmitglied von LobbyControl (www.lobbycontrol.de) hat die »Worst EU Lobby Awards« mitorganisiert.
Entspannte Jazzmusik, schummrige Atmosphäre - die Stimmung im Brüsseler Jazz-Club Music Village am 13. Dezember war gut. Nur die Preisträger wollten nicht kommen. An dem Abend wurden die »Worst
EU Lobby Awards« verliehen, organisiert von den Nichtregierungsorganisationen Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe, LobbyControl und Spinwatch. Über 9400 Menschen hatten in einer Internet-Abstimmung die Preisträger ausgewählt.
Den Preis für das übelste Lobbying gewann der Ölriese ExxonMobil. Er zahlt Millionen Dollar, damit scheinbar unabhängige Institute Zweifel an der von Menschen verschuldeten Klimaerwärmung schüren. So sollen politische Entscheidungen zur Reduzierung von CO2-Emissionen blockiert werden. ExxonMobil tritt nicht direkt in Erscheinung und kann so in Anzeigen sein ökologisches Engagement für die »Zukunft jedes Einzelnen« propagieren, während man hinter den Kulissen den Klimaschutz hintertreibt.
Im vergangenen Jahr gab es erstmals eine zweite Preiskategorie für die EU-Institution, die Lobbyisten ein besonders offenes Ohr leiht. Diesen Preis gewann die Generaldirektion Binnenmarkt der EU-Kommission. Sie manipulierte den Anhörungsprozess zur EU-Patentpolitik, indem sie Kritiker von vielen kleinen und mittleren Unternehmen benachteiligte. Ziel war es offensichtlich, den eigenen, umstrittenen Vorschlag für ein einheitliches Europäisches Patentsystem zu legitimieren.
Auf weiteren Plätzen fanden sich der deutsche EU-Kommissar Günter Verheugen für einseitig besetzte, wirtschaftsfreundliche Expertengruppen und die PR-Agentur WeberShandwick für die irreführende Kampagne »Cancer United«. Sie soll angeblich die Krebsbekämpfung verbessern, während sie den Interessen des Pharma-Riesen Roche dient. Trotz dieser Irreführung ist WeberShandwick jüngst von der EU-Kommission mit deren Öffentlichkeitsarbeit für die nächsten vier Jahre beauftragt worden. »Business as usual« in Brüssel - trotz aller Diskussionen über mehr Transparenz. Erst im Mai vergangenen Jahres hatte die EU-Kommission ein Grünbuch für eine Europäische Transparenzinitiative vorgelegt. Dabei ging es um mehrere Fragen: Sollen Lobbyisten ihre Auftraggeber offenlegen? Sollen die Empfänger von EU-Fördermitteln komplett bekannnt gemacht werden?
Bei den Fördermitteln gibt es inzwischen Fortschritte: Die Empfänger der Mittel aus den Strukturfonds sollen ab 2008 und die Bezieher von Agrarsubventionen ab 2009 offengelegt werden. Während die Europäische Kommission dies als großen Erfolg feiert, verweigert sie sich ernsthaften Transparenzverpflichtungen für die Lobbyisten. In den ersten Monaten dieses Jahres wird sie ihre Vorschläge dazu vorlegen - allen Anzeichen nach wird sie bei einem freiwilligen Register für Lobbyisten stehen bleiben. Damit werden die Lobbyisten, die ihre Auftraggeber nicht offenlegen wollen und wie WeberShandwick Entscheidungsträger oder Vertreter von Patientenorganisationen in die Irre geführt haben, ihre Geschäfte unbehelligt weiterführen können.
Die EU-Kommission gibt damit dem Druck der Lobbyisten nach und stellt das öffentliche Interesse hinten an. So bleibt es weiter der Zivilgesellschaft überlassen, für mehr Transparenz zu kämpfen und die schwarzen Schafe an den Pranger zu stellen. Auch wenn diese ihre Preise nicht zu schätzen wissen.
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