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Trotz anhaltender Proteste: CETA ist unterschrieben

EU und Kanada besiegelten mit dreitägiger Verzögerung Handelsabkommen in Brüssel / Festnahmen bei Protesten vor dem EU-Ratsgebäude

  • Lesedauer: 4 Min.

Brüssel. Das bis zuletzt umstrittene Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada ist unterzeichnet. Spitzenvertreter beider Seiten besiegelten am Sonntag in Brüssel mit ihren Unterschriften den Abschluss von rund siebenjährigen Verhandlungen.

Das Abkommen zum Abbau von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll nun so schnell wie möglich in Kraft treten. Lediglich einige Teile, bei denen nationale Parlamente wie der Bundestag ein Mitspracherecht haben, können erst nach deren Zustimmung angewendet werden.

Am Rande des EU-Kanada-Gipfels in Brüssel demonstrierten rund 250 CETA-Gegner. Nach Angaben der Polizei wurden 16 von ihnen vorläufig festgenommen, weil sie die Sicherheitsabsperrungen überwunden hatten. Einige warfen Farbbeutel gegen die Glasfassade des EU-Ratsgebäudes, in dem der Gipfel stattfand. Mehrere Demonstranten schafften es bis in das Foyer des Gebäudes, in dem sich später unter anderem der kanadische Premier Justin Trudeau, Ratspräsident Donald Tusk und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker trafen.

»Ende gut, alles gut«, kommentierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Empfang des kanadischen Premierministers Justin Trudeau in Brüssel. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sprach von einem guten Tag für die Europäische Union und für Kanada und sagte, Ceta werde Standard für alle künftigen Abkommen sein.

Den Bedenken der CETA-Kritiker soll nun mit Zusatzerklärungen und Garantien Rechnung getragen werden. So wird beispielsweise festgestellt, dass die Belgier existenzbedrohliche Konkurrenz für ihre Landwirte im Notfall über eine Schutzklausel abhalten können. Zudem soll der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) aufgefordert werden, ein Gutachten zu den umstrittenen Regelungen zur Streitbeilegung zwischen Unternehmen und Staaten zu erstellen.

Kritiker: Verbesserungen reichen nicht aus

Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen wie Greenpeace und BUND geht dies aber nicht weit genug. »Die von Millionen Europäern unterzeichnete Bürgerinitiative gegen Ceta und TTIP, Demonstrationen Hunderttausender und Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht wurden ignoriert, um Ceta durchzudrücken«, kommentierte der BUND. Greenpeace zeigte sich überzeugt, dass das Abkommen nicht die Zustimmung aller nationalen Parlamente bekommen wird.

Freuen dürfte Kritiker, dass die EU keine Hoffnungen mehr hat, das mit den USA geplante Freihandelsabkommen TTIP schnell abschließen zu können. »Wir brauchen mehr Zeit«, räumte Handelskommissarin Cecilia Malmström am Rande des EU-Kanada-Gipfels ein. Die Verhandlungen werden demnach nicht mehr wie ursprünglich geplant in der im Januar endenden Amtszeit von US-Präsident Barack Obama weitgehend abgeschlossen werden können.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker machte zudem deutlich, das TTIP mindestens die Standards von Ceta wird erreichen müssen. »Nichts in anderen Handelsverträgen wird unter der Ebene dessen bleiben können, was wir heute mit Kanada vereinbart haben«, sagte er.

Ratifizierung steht noch an

Nach der Unterzeichnung muss das Handelsabkommen noch von den Parlamenten der 28 EU-Staaten ratifiziert werden. In Deutschland muss nach Meinung einiger Juristen auch der Bundesrat an der Entscheidung beteiligt werden (»nd« berichtete). Das Verfahren dürfte sich mindestens über ein Jahr hinziehen.

Auch das EU-Parlament muss dem Abkommen erst noch zustimmen. Die Abstimmung ist für die zweite Dezember- oder die dritte Januarwoche geplant. Diejenigen Teile des Vertrags, die nicht in alleiniger EU-Kompetenz liegen, sind ausgenommen. Ein Beispiel sind Regelungen zu Streitigkeiten zwischen Staaten und Unternehmen.

Bundesverfassungsgericht muss über Verfassungsbeschwerden urteilen

Die Linksfraktion und mehrere Ceta-kritische Organisationen hatten am Freitag und Samstag einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht, um CETA in letzter Minute zu stoppen. Foodwatch, Campact und Mehr Demokratie wollen die Bundesregierung damit zu einer Erklärung verpflichten, dass das EU/Kanada-Abkommen in Deutschland nicht wie vorgesehen in Teilen vorläufig angewandt wird.

Aus Sicht der Ceta-Gegner hat die Bundesregierung Auflagen des Verfassungsgerichts nicht ausreichend umgesetzt. Demnach dürfen nur solche Teile des Abkommens vor der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente angewandt werden, die zweifelsfrei in die alleinige Zuständigkeit der EU fallen. Die Bundesregierung missachte das Urteil des Gerichts vom Oktober, teilte Roman Huber von Mehr Demokratie am Samstag mit. Ähnlich hatte die Linke im Bundestag argumentiert, die am Freitag ebenfalls einen Eilantrag eingereicht hatte.

Zudem stehen in Karlsruhe auch noch Entscheidungen über Verfassungsbeschwerden zu Ceta aus. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hat mit den Vereinen Campact und Mehr Demokratie mehr als 125.000 Mitkläger mobilisiert. Noch nie haben so viele Bürger gemeinsam in Karlsruhe geklagt. dpa/nd

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