Private Renditen in Beton gegossen

Sabine Leidig über Folgen einer Autobahn-Teilprivatisierung für Klima, Demokratie und Grundgesetz

  • Sabine Leidig
  • Lesedauer: 3 Min.

Nun ist es gekommen, wie es machtpolitisch kommen musste: die Bundesregierung hat den widerstrebenden Ländern die Zustimmung zur Teilprivatisierung der Autobahn über die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft (BFG) abgenötigt. Für die »Autobahn-AG«, eine Gesellschaft des Bundes in privatrechtlicher Form, will die Große Koalition sogar das Grundgesetz ändern - wie seinerzeit 1994 für die Deutsche Bahn AG.

Diese BFG soll - und wird - Autobahnen und Bundesstraßen bauen, und das erstens ohne die Fessel der »Schwarzen Null« im Haushalt und zweitens mit Hilfe privater Investoren, die über Öffentliche-Private-Partnerschaften (ÖPP) beteiligt werden sollen. Finanzminister Schäuble will sogar Teile der BFG privatisieren - so wie es bei der DB-AG geplant war und noch immer möglich ist.

Dabei wissen alle, dass Kapitalinvestoren Renditeerwartungen haben, die in der Regel zu Lasten der öffentlichen Hand bedient werden. Immer wieder weisen die Rechnungshöfe nach, dass ÖPP-Projekte für Bund und Länder - und damit für uns alle - teuer bezahlt werden.

Flankiert wird die ganze Nummer vom Bundesverkehrswegeplan 2030, der den Aus- und Neubau von Autobahnen und Bundesstraßen für gewaltige 50 Milliarden Euro vorsieht. Damit einher geht zudem die bereits beschlossene Einführung der Pkw-Maut, die jederzeit »scharfgestellt« werden kann. Damit sind sprudelnde Milliarden dauerhaft garantiert - die zumindest teilweise in die Kassen von Versicherungskonzernen, Banken und Baukonsortien gelenkt werden sollen.

Neben dieser Umverteilung zugunsten des Kapitals sind mit der »Autobahn-AG« mindestens zwei weitere dramatische Weichenstellungen verbunden. Zum einen wird die notwendige sozial-ökologische Verkehrswende blockiert, weil der umweltschädliche Verkehrsträger Straße eine Sonderstellung bekommt - jenseits der Haushaltsdisziplin.

Zum anderen hat die Große Koalition mit dem »Finanzierungskreislauf Straße« beschlossen, die Einnahmen aus der Lkw-Maut und der künftigen Pkw-Maut nicht etwa für den Ausbau der Bahn oder der Fahrradinfrastruktur zu verwenden, sondern die Vorherrschaft des motorisierten Individualverkehrs und der Lkw-Kolonnen fest in Beton zu gießen. Die CDU/CSU tönt unverhohlen: »Mit der Einrichtung der Infrastrukturgesellschaft Verkehr sichern und organisieren wir den erfolgreichen Investitionshochlauf, d.h. die Steigerung der Investitionen für die Bundesfernstraßen, dauerhaft.«

Neben der Verhinderung einer sozial-ökologischen Wende beteiligt sich die SPD mit diesen Plänen weiter am Demokratiedesaster. Die Zentralisierung des Autobahnverkehrs wird den Spielraum für regionale Alternativen und für Bürgerbeteiligung weiter einschränken. Zudem gießt die Doppelzüngigkeit der SPD Wasser auf die Mühlen der Politikverdrossenen. In der Tagesschau tönte SPD-Verkehrspolitiker Sören Bartol lauthals, es werde keine Privatisierung von Autobahnen geben, während sich Sigmar Gabriel bereits für genau diese Option einsetzte.

Und letztlich wird die SPD der Grundgesetzänderung zustimmen, die genau das möglich macht, was die große Mehrheit der Bevölkerung nicht will. Sie gibt den Deckmantel, unter dem klimaschädliche Verkehrsverhältnisse gewinnträchtig fortgeschrieben werden. Wie der falsche Hase laufen soll, ist inzwischen ziemlich klar: Autobahnen und Bundesstraßen sollen Eigentum des Bundes bleiben, der auch die »maßgebende Kontrolle« behalte. Gleichwohl soll privates Kapital eingebunden werden: via ÖPP. Die öffentlich-private Zusammenarbeit wird unter der Regie eines einzigen Auftraggebers in Bundeshoheit sehr viel effizienter und systematischer möglich, als bisher bei einzelnen Projekten in den Ländern. Und wenn die geforderte große Autobahnmodernisierung angepackt wird, werden die Gewinnaussichten für beteiligte Konzerne noch größer.

Wenn es den Gewerkschaften ernst ist mit ihrer Ablehnung von ÖPP und anderen Privatgewinnförderungen, muss der Druck auf die SPD jetzt wirkmächtig werden. Und wenn der BUND als größter Umweltverband den Autobahnwahn brechen will, dann muss er die SPD an der Zustimmung hindern. Gemeinsam mit den Beschäftigten in den Straßenbauverwaltungen der Länder und der privatisierungskritischen Öffentlichkeit kann vielleicht noch verhindert werden, dass die SPD ein weiteres Mal rot blinkt und dann schwarz abbiegt.

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