New Yorker Bürgermeister will Migranten vor Trump schützen
18 US-Städte kündigen an, sich der Abschiebepolitik zu widersetzen / In «Sanctuary Cities» werden Daten von Migranten gelöscht
Über eine halbe Millionen undokumentierte MigrantInnen leben Schätzungen zufolge in der Weltmetropole New York. In einem Treffen mit dem gewählten Präsidenten Trump am vergangenen Mittwoch, äußerte sich nun der Bürgermeister der Stadt Bill de Blasio besorgt über dessen angekündigte Einwanderungspolitik. De Blasio erklärte nach der Zusammenkunft im «Trump-Tower», er habe dem zukünftigen Präsidenten mitteilen wollen, wie viel Furcht es unter den New YorkerInnen vor den Auswirkungen seiner Präsidentschaft gebe – und kündigte an, Migranten in seiner Stadt vor der Abschiebung zu schützen.
Der designierte republikanische Präsident hatte während seiner Wahlkampagne wiederholt damit gedroht, er werde nach seiner Wahl alle illegalisierten MigrantInnen abschieben lassen. Vergangene Woche bekräftigte er, mindestens 3 Millionen Menschen zwangsweise in ihre Herkunftsländer zurückführen zu lassen.
Konflikt zwischen Städten und der Bundesregierung
Über diese angekündigte Praxis gerät Trump nun in Konflikt mit verschiedenen lokalen Regierungen, insbesondere denen der zahlreichen liberal geprägter Metropolen des Landes. Der Demokrat de Blasio machte nach der Zusammenkunft klar, dass die Stadt repressive Einwanderungspolitiken nicht ohne weiteres hinnehmen werde. «Diese Stadt und so viele andere Städte in diesem Land (werden) alles ihnen Mögliche tun, um unsere Einwohner zu schützen und sicherzustellen, dass keine Familien auseinandergerissen werden.», so de Blasio gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Nach den Angaben des US-Nachrichtensenders Fox-News wollen sich landesweit 18 sogenannte «Sanctuary Cities» der Abschiebepolitik Trumps widersetzen, darunter die Großstädte San Francisco, Los Angeles, Seattle, Chicago und New York. Als «Sanctuary Cities» werden Städte oder Regionalregierungen in den USA und Kanada bezeichnet, die MigrantInnen ohne Dokumentation eine gleichwertige Beteiligung am öffentlichen Leben ermöglichen wollen und von Kontrollen der Personalien absehen. Trump hatte den entsprechenden Städten bereits im Wahlkampf gedroht Bundesmittel zu kürzen, sollten sie in Einwanderungsfragen nicht mit seiner Administration kooperieren.
Daten über Illegalisierte sollen wegen Trump gelöscht werden
Die Städte stellen Illegalisierten zur möglichst umfassenden Teilhabe am städtischen Leben lokale Ausweise aus. In New York City gab es zuletzt Spekulationen über die Löschung der Erfassungsdaten der örtlichen «Municipal IDs». Diese könnten bei einem Zugriff durch Bundesbehörden zu einer beschleunigten Erfassung der Auszuweisenden führen. Bürgermeister de Blasio äußerte sich nur indirekt zur Sache, wies aber auf ein bereits bei der Einführung der Dokumente geschaffenes Schlupfloch hin. So könnten aus formellen Gründen zum Jahresende die entsprechenden Datensätze gelöscht und damit dem Zugriff der Bundesregierung entzogen werden.
Auch bei einer möglichen Wiedereinführung der umstrittenen «Stop &Frisk» Praxis der Polizei pochte de Blasio auf die Autonomie der Stadt. Die anlasslosen und oft nach rassistischen Kriterien durchgeführten Kontrollen würden unter ihm als Bürgermeister nicht wieder eingeführt werden. Die Stadt werde «niemals zu diesem kontraproduktiven» Ansatz zurückkehren«, äußerte er gegenüber der New York Times.
Beliebtheitswerte des New Yorker Bürgermeisters steigen
Bill de Blasio ist seit 2014 amtierender Bürgermeister der Stadt. Zuvor war der dem linken Flügel der Demokraten zugerechnete Politiker unter anderem Wahlkampfleiter für Hillary Clintons Wahl zur Senatorin. In Fragen von Bürgerechten und Migration gilt der 55-Jährige als ehrlich progressiver Kandidat. Nach seinem Besuch bei Trump betonte er, ähnlich wie andere demokratische Bürgermeister, die Zentralität einer liberalen Einwanderungspolitik für die lokale Wirtschaft. Neben guten Verwertungsbedingungen für die Ökonomie der Stadt geht es de Blasio aber auch um die eigene Wiederwahl. Ein Unterfangen, das Erfolg zu versprechen scheint: Seit seiner Positionierung als Verteidiger der Stadt gegen das kommende Roll-Back der Trump-Regierung steigen seine Beliebtheitswerte.
Studierende fordern Schutzzonen auf Campussen
Studierende in den gesamten USA nehmen die Dinge indes selbst in die Hand. Ausgehend von der Columbia University und der New York University wurde landesweit die Forderung erhoben, sogenannte »Shelter Campuses« zu schaffen. Gemeint ist der Verzicht der Universitäten auf eine Kontrolle des Aufenthaltsstatuses bei der Einschreibung sowie der Verzicht auf Kontrollen auf dem Universitätsgelände selbst. Gefordert werden solche Regelungen an über 80 Universitäten des Landes, darunter auch an den Eliteeinrichtungen Harvard und Princeton. Während einige Studierendeninitiativen direkt in Verhandlung mit den Leitungen ihrer Universitäten gingen, kam es in mehreren Städten auch zu großen Protestkundgebungen für eine Einführung des »Shelter Campus«.
In Portland, Oregon im Nordwesten des Landes, protestierten derweil tausende SchülerInnen gegen mögliche Abschiebungen ihrer KlassenkameradInnen. Auch hier gab es ein schnelles Entgegenkommen von Seiten der lokalen Verwaltung: Die städtische Schulbehörde erklärte öffentlich, sie werde den Zutritt von Angehörigen der Bundesmigrationsbehörden zu den ihr unterstellten Schulen weitestmöglich verhindern. Auch die Herausgabe von personenbezogenen Daten solle, wo möglich, unterlassen werden.
Bürgermeister, Studierende und SchülerInnen machen so deutlich, mit welchen Widerständen eine mögliche repressive Einwanderungspolitik der kommenden Trump-Regierung zu rechnen hat.
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