Zweiter Anlauf zum Frieden
Überarbeiteter Vertrag zwischen Kolumbiens Regierung und der FARC wird unterzeichnet
Das Nationaltheater »Teatro Colón« wird es sein, in dem der neue, überarbeitete Friedensvertrag zwischen den FARC (Revolutionäre Streitkräften Kolumbiens) und der kolumbianischen Regierung von Präsident Juan Manuel Santos am Donnerstag unterzeichnet werden soll. Fast 800 Plätze bietet der Hauptsaal des Gebäudes, das Ende des 19. Jahrhunderts im neoklassischen Stil erbaut und anlässlich des 400. Jahrestages der »Entdeckung« Amerikas eingeweiht wurde.
Das Theater in einer kleinen Nebenstraße nur wenige Meter vom Kongress und dem Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bogotá entfernt, ist kunstvoll gestaltet. Doch für die zuletzt selten an Pomp und Pathos sparenden Verhandlungsparteien ist es ein vergleichsweise unspektakulärer Ort, um den mehr als fünf Jahrzehnte andauernden bewaffneten Konflikt zu beenden.
Die Wahl ist ein schlichtes Gegenstück zur kitschigen Friedensshow in der karibischen Hafenstadt Cartagena, bei der Kolumbiens Präsident Santos und FARC-Oberkommandeur Rodrigo Londoño Ende September vor einem ausgewählten, mit weißen Friedenstüchern wedelnden Publikum und in Anwesenheit zahlreicher Politikerprominenz ihre Signaturen unter den vier Jahre lang ausgehandelten Friedensvertrag gesetzt hatten.
Sieben Tage später allerdings verweigerte eine knappe Wählermehrheit bei der Volksabstimmung ihre Zustimmung. Das stoppte weitestgehend die Umsetzung der weltweit gefeierten Einigung und gefährdete den Friedensprozess noch nach dem Abschluss der vierjährigen Verhandlungen.
Diese Krise erklärte Präsident Santos nun für beendet. Wie das Staatsoberhaupt bekannt gab, werde der Kongress und nicht erneut die Bevölkerung über die Annahme der in den vergangenen Wochen nachverhandelten Friedensvereinbarung entscheiden. Die Regierungskoalition verfügt in beiden Kammern über eine komfortable Mehrheit und kann sich zudem der einhelligen Unterstützung der Linken sicher sein. Läuft alles wie geplant, könnte der Kongress noch am Donnerstagnachmittag die notwendigen Debatten beginnen, dem Friedensschluss alsbald zustimmen und schnellstmöglich die geplante Amnestie für die Guerilleros beschließen. Deren Demobilisierung könnte dann beginnen.
Friedensnobelpreisträger Santos begründete die Entscheidung für den Parlamentsweg und gegen eine weitere Volksabstimmung vor allem damit, dass ein erneuter Wahlkampf das Land gefährlich polarisieren würde. »Es ist der Moment der Einheit und nicht der Spaltung«, sagte er am Dienstag in einer seiner zuletzt häufig gewordenen Fernsehansprachen. Darin hatte er der Bevölkerung zu erklären versucht, was er für den Frieden zu tun gedenke. Santos selbst war es gewesen, der in der Hoffnung auf mehr demokratische Legitimität und entgegen dem Willen der FARC an der rechtlich nicht notwendigen Volksabstimmung festgehalten hatte und damit das Abkommen auf der Zielgeraden beinahe vom Weg abgebracht hatte. Das Risiko, in einem zweiten Plebiszit erneut zu unterliegen, schien ihm nun wohl zu hoch.
Mit der Unterzeichnung des neuen Friedensvertrages schließen die Verhandlungsparteien endgültig der Opposition die Tür. Nach der Einigung auf eine neue Version des Vertrages, in dem zwar teils substanzielle Einwände des Nein-Lagers berücksichtigt, die Grundpfeiler der Friedensvereinbarung wie die Wählbarkeit der Guerilleros und das System der Sonderjustiz aber nicht angetastet wurden, hatte die Regierung Kritiker vor vollendete Tatsachen gestellt.
Dagegen hatte der prominenteste ihnen, Ex-Präsident Alvaro Uribe, protestiert. Die nunmehr vorgenommenen Änderungen bezeichnete er auch nach einem mehrstündigen Treffen am Montag als lediglich kosmetisch. Zumindest institutionell fehlen Uribe jedoch die Mittel, den Beginn des Friedensprozesses zu verhindern.
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