- Politik
- nd-Soliaktion 2016
Frauenpower in El Salvador
Voller Energie arbeitet Evangelina Quintanilla für ein besseres Leben ihrer Kinder, aber auch ihrer Gemeinde El Chirrión am Vulkan San Miguel
Evangelina Quintanilla ist ein blühender Beweis für die Sinnhaftigkeit des Projekts in El Salvador, das INKOTA seit einigen Jahren unterstützt. Die resolute 45-Jährige ist Präsidentin der Frauenvereinigung ihres Dorfes El Chirrión am Vulkan von San Miguel. Diese besteht seit 2011 und ist eine kleine Erfolgsgeschichte. Schon bald nach der Gründung haben sich die Frauen gemeinsam zum Bürgermeisteramt in der Kreisstadt San Rafael Oriente aufgemacht, um ein Projekt zur Elektrifizierung ihres Dorfes zu beantragen. Sie ließen nicht locker, hatten Geduld und bekamen schließlich, was sie wollten: Seit 2012 sind alle Häuser der Gemeinde an die allgemeine Stromversorgung angeschlossen.
Auch heute erinnert sich Evangelina Quintanilla noch gerne an dieses erste eigene Projekt der Frauenvereinigung, das ihnen auch bei den Männern des Dorfes einigen Respekt eingebracht hat. Wir haben uns unter dem Vordach ihres Hauses getroffen, und sie berichtet, was im vergangenen Jahr gut gelaufen ist, und auch, wo die Probleme im Dorf liegen.
Eigentlich geht es der Mutter von drei Söhnen, die allesamt mit Frau und Kindern auf ihrem Grundstück leben, heute gar nicht gut. »Ich habe schreckliche Rückenschmerzen und kann mich kaum bewegen«, klagt sie, um mit einem verschmitzten Lächeln hinzufügen: »Mein Mann wäre an meiner Stelle gar nicht erst aufgestanden und im Bett geblieben.« Sie selbst hat schon einige Stunden Arbeit hinter sich. Vor allem aber will sie es sich nicht nehmen lassen, dem weit gereisten Gast aus Deutschland vom schönsten Erfolg in diesem Jahr zu berichten - der zudem gerade erst einmal einen Tag zurückliegt.
Auf knapp anderthalb Hektar hatte die Frauenvereinigung dieses Jahr gemeinschaftlich Jícama angebaut, ein Yamswurzelgewächs, das im Geschmack und im Aussehen an eine Mischung aus Kartoffel und Kohlrabi erinnert. Nach zwei dürrebedingten schlechten Ernten 2014 und 2015, bei denen die Frauen zwar viel arbeiteten, aber gerade einmal die Kosten wieder hereinbrachten, gab es 2016 genug Regen. Am Tag zuvor konnte Evangelina Quintanilla die gute Ernte komplett vom Feld weg für 3500 US-Dollar verkaufen. Bei etwa 1300 US-Dollar Ausgaben vor allem für die Pacht des Feldes und das Saatgut macht dies einen Gewinn von 2200 US-Dollar, rund 2000 Euro. Eine beträchtliche Summe hier auf dem Land, wo der Mindestlohn für einen ganzen Tag harter Arbeit in der Landwirtschaft gerade einmal fünf US-Dollar beträgt. Einen Teil des Geldes wollen die Frauen sparen, um im nächsten Jahr erneut Jícama anbauen zu können. Den anderen Teil werden sie sich für ihre Arbeitsleistung ausbezahlen.
Evangelina Quintanilla wird mit dem Geld auch ihre Söhne und ihre Enkel unterstützen. So kann sie einen Beitrag dazu leisten, dass diese sich nicht auf den gefährlichen Weg »in den Norden« machen. Tausende werden jedes Jahr auf dem Weg in die USA ausgeraubt oder entführt, viele sterben. Noch viel mehr werden, wenn sie endlich die Vereinigten Staaten erreicht haben, wieder abgeschoben. Ein Schicksal, das unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump noch viel mehr illegal eingereiste SalvadorianerInnen erleiden werden.
Auch in El Chirrión gibt es kaum eine Familie, von der nicht mindestens ein Mitglied Richtung USA aufgebrochen wäre. Evangelina Quintanilla will dies ihrer Familie ersparen. Auch dafür arbeitet sie unermüdlich jeden Tag - und wenn der Rücken noch so schmerzt. Ihr Lächeln zumindest hat sie noch nicht verloren und mit ihrer zuversichtlichen Art kann sie andere Frauen motivieren, es ihr gleichzutun.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.