Indigene Rechte unter ferner liefen

Die vorgeschriebenen Befragungen der Ureinwohner fallen bei Investitionsvorhaben oft aus

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Argentinien ist der zweitgrößte Staat des südamerikanischen Kontinents und hat rund 43 Millionen EinwohnerInnen, davon über eine Million Indigene. Der von den Vereinten Nationen erhobene Human Development Index (HDI) ist ein Wohlstandsindikator für Staaten. Er liegt in der von 0 bis 1 reichenden Skala in Argentinien bei über 0,8 und macht es in diesem Maßstab zu einem hoch entwickelten Land.

Jujuy ist eine fast vergessene Provinz im Nordwesten dieses Landes und Heimat der meisten indigenen EinwohnerInnen Argentiniens. Schlechte Wohnverhältnisse, niedrige Einkommen, Umweltverschmutzung und eine unzureichende Versorgung mit Wasser und Nahrung machen vielen Menschen das Leben schwer. Der HDI liegt hier weit unter dem nationalen Durchschnitt, zum Beispiel bei den Guaraní nur bei 0,44. Besonders indigene Frauen sind von Armut betroffen. Weil der Verdienst als TagelöhnerIn oder aus der Subsistenzwirtschaft nicht mehr reicht, verlassen viele ihre Dörfer und geben ihre kulturelle Identität auf: Quechua, Guaraní, Kolla oder Atacama. Höhere Schulbildung, die es nur in der Stadt gibt, berücksichtigt nicht die indigene Kultur und Sprache.

»In Argentinien Indigene/r zu sein, ist nicht leicht. Argentinien ist ein Land, das in Europa als ein Modell für Gesellschaft, Land und Staat gesehen wird. Aber es hat im Verlauf der Geschichte seine indigenen Völker verleugnet«, beschreibt Natalia Sarapura, Präsidentin der Indigenenorganisation COAJ (Rat der Indigenen Völker Jujuys), die Situation.

Funde belegen, dass indigenes Leben bereits um 7300 v. Chr. in Argentinien nachzuweisen ist. Angepasst an das Klima, wurden schon früh komplizierte Bewässerungssysteme errichtet und Pflanzen wie Quinoa und Kartoffeln sowie Heilpflanzen kultiviert. Im 16. Jahrhundert wurde das Gebiet von den Spaniern gewaltsam kolonialisiert. Dies bedeutete nicht nur den Tod vieler Menschen, sondern auch den Verlust von Lebensräumen.

Heute weckt das Land der Indigenen das Interesse privater InvestorInnen. Sie wittern Profit aus Ressourcen wie Öl, Holz und Lithium, dazu kommt der Tourismus. Internationale Gesetze schreiben bei solchen Investitionen eine Konsultation der direkt Betroffenen vor. Doch leider werden die Rechte indigener Gemeinden noch viel zu oft übergangen. Wenn ein Wirtschaftsmodell auf der Ausbeutung von natürlichen Ressourcen beruht, hat dies weitreichende Konsequenzen. Zwar sind indigene Rechte auch in nationalen Verfassungen Lateinamerikas angekommen, doch existieren sie oft nur auf dem Papier.

Organisationen wie COAJ treten für die Rechte der Indigenen ein. Schon fast 200 indigene Gemeinden konnten Landtitel erstreiten und so ihre Position stärken. Noch ist unklar, was die Wahl des seit Ende 2015 amtierenden rechtskonservativen Präsidenten Mauricio Macri den Indigenen bringen wird. Aber es scheint, als ob auch dieser den Abbau von Rohstoffen in den indigenen Gebieten vorantreibt.

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