»Es wird an etwas Großem gebastelt«
600 Aktivisten beratschlagten in Hamburg, wie die Proteste gegen den G20-Gipfel aussehen sollen
Weihnachten naht, das Jahr geht zu Ende. Es war für die Linke unterm Strich wohl eher ein schlechtes Jahr. In Hamburg machten sich jedoch vergangenes Wochenende 600 Aktivisten bereits für das kommende Jahr bereit. »Die Stadt wird im Sommer Mittelpunkt einer globalen Protestbewegung werden«, sagt Emily Laquer von der Interventionistischen Linken (iL). Denn die Hansestadt an der Elbe wird am 7. und 8. Juli 2017 Austragungsort des G20-Gipfeltreffens sein.
Alle werden da sein. Der Gruppe der 20 gehören neben der EU die 19 größten Staaten wie USA, China, Russland, Türkei und Australien an. Zusammen erwirtschaften die G20 vier Fünftel der globalen Wirtschaftsleistung. Kein Wunder also, dass wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel Donald Trump, Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdogan und Co. nach Hamburg einlädt, der Protest nicht lange auf sich warten lässt. Seit dem Aufkommen der Antiglobalisierungsbewegung in den 1990er Jahren sind die Gipfeltreffen immer wieder von größeren und kleineren Protesten begleitet worden, etwa beim G8-Treffen 2007 in Heiligendamm oder 2015 beim G7-Treffen auf Schloss Elmau.
Um das Aktiventreffen in Hamburg hatte es im Vorfeld einigen Wirbel gegeben. Die Hochschule für angewandte Wissenschaft (HAW) kündigte den Gipfelgegnern kurz vor der Konferenz die Räume. Begründet wurde dies mit der politischen Ausrichtung einiger Aktivisten. Doch ein Gericht gab den Globalisierungsgegnern recht.
»Die Stimmung war gut«, berichtet Laquer nun vom Treffen. Andere Teilnehmer bestätigen dies. Man habe mit der Konferenz genau das erreicht, was man wollte. Nämlich zusammen sachlich und produktiv zu diskutieren, wie genau das »vielfältige und ungehorsame Festival des Widerstandes« aussehen soll, wenn »zehntausende Aktivist_innen aus ganz Europa nach Hamburg kommen und der Parade der Monster eine Parade des Widerstandes und der Solidarität entgegensetzen«, erzählt Laquer. Ein anderer Teilnehmer der Konferenz drückt die Stimmung etwas weniger blumig aus: »Es war allen klar, dass man jetzt gemeinsam an etwas Großem bastelt«.
In 13 Workshops wurden an dem Wochenende zu verschiedenen Schwerpunkten Aktionsideen entwickelt. Der grobe Rahmen steht nun. Am Freitag, den 7. Juli soll es Aktionen des massenhaften Ungehorsams geben, am Samstag, den 8. Juli eine große Bündnisdemonstration.
Doch vor allem, wie die Aktionen des massenhaften Ungehorsams aussehen sollten, da gingen die Ideen zunächst auseinander. Konkret gab es zwei Vorschläge, die sich erst mal widersprachen. Der eine Teil der Aktivist_innen will zur roten Zone rund um die Hamburger Messehallen, wo sich die Mächtigen im nächsten Sommer treffen. Die andere Fraktion will den Hamburger Hafen blockieren, der »eine wichtige Drehscheibe der deutsche Exportwirtschaft und des globalen Warenverkehrs« ist, wie es das kommunistische »….um‘s Ganze!«-Bündnis in einem ersten Aufruf zu den Gipfelprotesten beschreibt.
Doch gibt es ein Problem mit den Hafenblockaden: Die Aktion müsste vor allem südlich der Elbe stattfinden, was sie mit anderen Protestformen praktisch inkompatibel macht, weil diese nördlich der Elbe stattfinden würden. »Zu Tausenden und Zehntausenden werden wir in der ganzen Stadt und rund um den Hafen auf den Straßen und Plätzen sein, wir werden die Zugangswege des Gipfels, die Routen zwischen Flughafen, Hotels und Tagungsorten blockieren und den reibungslosen Ablauf des Machtspektakels empfindlich stören«, kündigt Emily Laquer an. Wie das genau aussehen soll, dafür ist eine weitere Aktionskonferenz im März 2017 geplant.
Da könnte auch geklärt werden, mit welchen Themen man gemeinsam zu den Protesten mobilisieren will oder ob es dieser gemeinsamen inhaltlichen Klammer überhaupt braucht. So manch ein Aktivist spricht bereits vom Anti-G20-Protest als thematischen »bunten Blumenstrauß«, der die unterschiedlichen Kämpfe von Feminist_innen, Globalisierungskritiker_innen, Recht-auf-Stadt-, Rojava- und Refugee-Aktivist_Innen in ihrer Gegnerschaft zum globalen Establishment und Rechtspopulismus genug einen werde. »Es wird sehr viel wert auf die inhaltliche Freiheit der unterschiedlichen Gruppen im Bündnis gelegt«, stellt stattdessen ein Aktivist fest, der es bedauert, dass es noch keine gemeinsame thematische Klammer für die Proteste gibt.
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