Strafe für Desinformation über Schwangerschaftsabbrüche
Französische Aktivisten verbreiten im Internet Pro-Life-Propaganda / Ein Gesetz soll das unterbinden
Frauen zu hindern, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen, ist in Frankreich seit 1993 gesetzlich verboten. Die Strafandrohung von bis zu zwei Jahre Gefängnis und 30.000 Euro Geldstrafe soll jetzt auf Internet-Seiten ausgedehnt werden, die Desinformationen zum Thema verbreiten, um eine Abtreibung letztlich zu verhindern.
An diesem Mittwoch steht im Senat ein entsprechender Gesetzentwurf der französischen Regierung zur Debatte und Abstimmung. In der Nationalversammlung, wo die Regierung von François Hollande über eine Mehrheit der Abgeordneten verfügt, wurde das Gesetz in der vergangenen Woche bestätigt. Im Senat dürfte das schwieriger werden, denn hier dominiert die rechtsbürgerliche Opposition. Da bei unterschiedlichem Votum die Nationalversammlung das entscheidende Wort hat, droht eine Verzögerung. Das wäre peinlich, zumal die Regierung dem Ende ihrer Amtszeit entgegensieht und das Gesetz eigentlich im Schnellverfahren verabschiedet werden sollte.
Während das Gesetz nach Überzeugung der Regierung nur ein Detailproblem lösen sollte, hat sich darum in Wirklichkeit eine schwere politische Auseinandersetzung zwischen Links und Rechts entzündet. Sie gleicht der um die Ehe für gleichgeschlechtliche Partner zu Beginn der Amtszeit von Hollande gleichkommt.
»Schwangerschaftsabbruch abzulehnen und das offen zu sagen, ist durch das Recht auf Meinungsfreiheit geschützt, und das respektieren wir«, erklärte die Ministerin für Familie, Kinderschutz und Rechte der Frauen, Laurence Rossignol, bei der Begründung des Gesetzentwurfs vor der Nationalversammlung. Das gelte auch für Internetseiten, die offen Pro Life-Propaganda verbreiten. »Aber wir können keine Internetseiten dulden, die sich den Anschein offizieller oder neutraler Institutionen geben und die mit falschen oder pseudowissenschaftlichen Informationen gezielt darauf hinarbeiten, Frauen zu verunsichern, moralischen Druck auszuüben, Schuldgefühle zu nähren und die Frauen letztlich vom Schwangerschaftsabbruch abzuhalten.« Weil sich der Kampf der Pro-Life-Aktivisten ins Internet verlagert habe, müsse auch der Straftatbestand der Beeinträchtigung des Rechts zum Schwangerschaftsabbruch auf das Internet ausgeweitet werden.
Diese auch von der Fraktion der Linksfront und damit den Kommunisten, getragene Initiative der Regierung stößt auf breite Ablehnung von der rechtsbürgerlichen Opposition und der katholischen Kirche. Während letztere sich meist aus politischen Debatten heraushält, hat sie hier massiv Stellung bezogen. In einem Brief des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Monsignore Georges Pontier, Erzbischof von Marseille, an Präsident Hollande wird der Gesetzentwurf als »ernster Angriff auf die Prinzipien der Demokratie« bezeichnet. Diverse Vereinigungen, die Informationen über Schwangerschaftsabbruch im Internet verbreiten oder Frauen über Diskussionsforen beraten und sich jetzt im Visier des Gesetzes sehen, argumentieren, dass die offizielle Information oder Beratung im Internet »rein technisch« und »herzlos-nüchtern« erfolge.
Dass diese Kräfte jetzt mahnen, Schwangerschaftsabbrüche dürften nicht als eine Methode zur Geburtenkontrolle missverstanden werden, ist indes zynisch. Denn es ist der katholischen Kirche zu verdanken, dass es an den Schulen in Frankreich keinen Sexualkundeunterricht gibt.
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