Moschee-Anschlag in Dresden: Pegida-Redner festgenommen

30-Jähriger soll Sprengsätze vor Gotteshaus und Kongresszentrum gelegt haben / Kasek: »Hat irgendjemand wirklich geglaubt, dass Pegida friedlich ist?«

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 5 Min.

Mehr als zwei Monate nach den Brandanschlägen auf die Fatih Camii Moschee und das Internationale Kongresszentrum in Dresden hat die Polizei am Donnerstagabend einen mutmaßlichen Täter festgenommen. Am Freitag bestätigte das in Sachsen für rechtsradikale Straftaten zuständige Operative Aberwehrzentrum (OAZ) die Festnahme eines 30-Jährigen durch eine Spezialeinheit. Zunächst hatte die »Bild« darüber berichtet.

Bei zwei Wohnungsdurchsuchungen waren nach Angaben des OAZ Zutaten zur Herstellung von Brand- und Sprengvorrichtungen gefunden worden sein. Laut einer Analyse stimmen zudem die DNA-Spuren an sichergestellten Beweismitteln mit der DNA des Verdächtigen überein. Bernd Merbitz, Leipziger Polizeipräsident und OAZ-Leiter, erklärte, die Polizei hätten den Mann bereits seit mehreren Tagen im Visier gehabt. Der Zugriff erfolgte am Donnerstag allerdings nicht in Dresden, sondern in Hessen, wo sich der Verdächtige aufgrund eines Montageeinsatzes aufhielt.

Momentan gehen die Ermittler von einem Einzeltäter aus. Ein Haftrichter ordnete gegen diesen umgehend Untersuchungshaft an. Wie genau man auf die Spur des 30-Jährigen gekommen war, wollte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden nicht verraten.

Tatverdächtige wirkte bei Pegida mit

Besonders brisant: Nach Recherchen der »Bild« soll der Beschuldigte bei der rassistischen Pegida-Bewegung aktiv gewesen sein. Wie die Zeitung berichtet, trat Nino K. im Sommer 2015 als Redner auf einer der rechten Veranstaltungen auf. In seinem Beitrag vom 13. Juli. 2015 hetzte er gegen »faule Afrikaner« und »kriminelle Ausländer«. Ein entsprechendes Video des Auftritts ist auf Youtube abrufbar. Darin erzählt K., er gehöre laut Spiegel zum »harten Pegida-Kern«. Am Freitag bestätigte das OAZ, Kenntnis von dem Auftritt zu haben, ohne jedoch weitere Details zu nennen.

Auch das Facebook-Profil des Tatverdächtigen verrät etliche Details darüber, in welchen Kreisen sich der mutmaßliche rechtsradikale Bombenbauer bewegt. K. folgt auf dem sozialen Netzwerk zahlreichen Verschwörungsseiten, aber auch mehreren Profilen der AfD, darunter der Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, der Nachwuchsorganisation Junge Alternative in Thüringen, Parteichefin Frauke Petry sowie der völkisch-nationalistischen Bewegung »Der Flügel«.

Kasek: Rassistische Bewegung war niemals friedlich

»Hat irgendjemand wirklich geglaubt, dass Pegida friedlich ist? Falls ja, sollte auch der Letzte jetzt aufwachen«, kommentierte der sächsische Grünen-Chef Jürgen Kasek die Festnahme des Tatverdächtigen. Die sächsische Linkspartei warnte, aus »besorgten Bürgern« seien nun »besorgte Bomben« geworden. Was geistige Brandstifter propagierten, setzten tatsächliche jetzt um.

»Ich bin sehr froh, dass der mutmaßliche Täter endlich gefasst wurde. Den Opfern des Anschlags wird damit hoffentlich die Unsicherheit und Sorge vor einer Fortsetzung der Anschläge genommen werden können«, erklärte der sächsische Grünen-Politiker Valentin Lippmann. »Sollten sich die Verbindungen zu PEGIDA bestätigen, müssen sich all diejenigen, die in dieser sogenannten Bewegung ein legitimes Anliegen sehen oder diese verharmlost haben, endlich bewusst machen, dass aus Hass und Worten auch schlimmste Straftaten entstehen können. Das ist nun endgültig offenbar geworden.« Kerstin Köditz, LINKEN-Expertin für Rechtsextremismus, verwies noch einmal darauf, dass sich durch die Festnahme der Verdacht eines fremdenfeindlichen Tathintergrunds zu bestätigen scheine.

Kritik übte Köditz auch am sächsischen Verfassungsschutz. Eigens zur »Verhätschelung Pegidas« hätten die Geheimdienstler eine Unterscheidung zwischen »asylkritischem« und »asylfeindlichem« Protest erfunden, doch » die Übergänge zum Rassismus sind fließend«, wie die LINKEN-Expertin betont.

Bachmann feuerte K. 2015 an

Pegida-Chef Lutz Bachmann reagierte seinerseits auf die Meldung, in dem er den Anschlag herunterspielte. In einem Facebook-Beitrag sprach er von einer »hysterischen Berichterstattung« über einen Vollidioten, der Böller an einer Moscheetür zünde. Dagegen fänden Fälle von Gewalt, deren mutmaßliche Täter Geflüchtete sind, überregional zu wenig Beachtung. Weiterhin sagte der Pegida-Chef, er distanziere sich von dem Tatverdächtigen.

Im Sommer 2015 sah das noch anders aus, wie Köditz erklärt. »Der Pegida-Anführer und verurteilte Volksverhetzer Lutz Bachmann persönlich hatte K. mit der Bitte um einen ‘Riesenapplaus für unseren Nino’ auf die Bühne gebeten und sich hinterher für die ‘starken und deutlichen Worte’ bedankt.«

Für Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) ist die Festnahme des mutmaßlichen Sprengstoff-Täters von Dresden ein Beleg für die Schlagkraft der Ermittler. »Dieser Erfolg ist Ergebnis eines konsequenten Vorgehens des Freistaates gegen fremdenfeindliche Bestrebungen und zeigt, dass das gemeinsame Sonderdezernat von Polizei und Justiz zur Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität und das Operative Abwehrzentrum eine schlagkräftige Einheit bilden«, sagte Ulbig am Freitag in Dresden.

Die zwei Sprengstoffanschläge eine Woche vor den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden hatten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Zeitweise war das Gerücht in Umlauf gebracht worden, Linksradikale hätten hinter den Anschlägen gesteckt. Die Spekulationen stellten sich jedoch schnell als völlig unbegründet heraus.

Videoaufnahmen brachten eine erste Spur

Eine erste Spur zum Beschuldigten hatten Videoaufnahmen einer Überwachungskamera geliefert. Diese zeigten einen Mann mit schwarzem Motorradhelm, blauer Jacke und dunkler Jeans, der sich zum Tatzeitpunkt in direkter Nähe zur Fatih Camii Moschee aufhielt.

Dass bei dem Anschlag niemand verletzt wurde, hatte letztlich auch mit Glück zu tun. Während der Attacke hielten sich der Imam und seine Familie im Haus auf, als um 21.53 Uhr kurz hintereinander vor ihrer Wohnungstür Spreng- und Brandsätze explodierten. Keine halbe Stunde später detonierte eine zweite Bombe auf der Terasse vor dem Kongresszentrum.

Doch damit nicht genug: K. steht auch im Verdacht, drei Tage später eine aus Gläsern und Drähten bestehende Bombenattrappe in einer Plastiktüte an der Dresdner Marienbrücke platziert zu haben. Weitere Details zu den Ermittlungen will das OAZ am Freitag auf einer Pressekonferenz in Leipzig mitteilen. mit Agenturen

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