Rot-Rot-Grün gönnt sich 25 Staatssekretäre
Bundesweite Rekordzahl sorgt für Debatte, Senat begründet Stellen mit besonderer Situation in der Hauptstadt
Sie sind so etwas wie die Wasserträger der Senatoren: die Staatssekretäre. Die in der zweiten Reihe stehenden von den Parteien berufenen Beamten arbeiten an der Schnittstelle zwischen der politischen Leitungsebene und den Verwaltungsapparaten. Während die erste Reihe der Senatoren häufig bei Terminen repräsentiert, sind die Staatssekretäre für viele Beobachter die eigentlichen Entscheider, die ihren Vorgesetzten den Rücken frei halten.
Das Bundesland Berlin hat in seinem neuen rot-rot-grünen Senat die Zahl der Staatssekretäre noch einmal kräftig erhöht: Statt 22 wie in der Großen Koalition sollen es in Zukunft sogar 25 sein. Die hohe Zahl von Spitzenbeamten ist bundesweit einmalig: Selbst ein bevölkerungsreiches Bundesland wie Nordrhein-Westfalen hat nur bei zwölf Ministern nur 16 Staatssekretäre. In anderen Bundesländern sind es noch weniger. Die wenigsten Staatssekretäre leistet sich Bayern, wo die Verfassung die Größe des Kabinetts allerdings auch beschränkt.
Angesichts der nahezu 60 Milliarden Euro Schulden, die den Berliner Haushalt weiter belasten, kritisierte die CSU-Politiker Katrin Albsteiger auf dem Kurznachrichtendienst Twitter die Zahl der Staatssekretäre in Berlin gar als »feudal«.
Staatssekretäre sind in Berlin verbeamtet, sie bekommen nach der Besoldungsgruppe B7 ein Grundgehalt von 8900 Euro monatlich. Insgesamt kosten die 25 Staatssekretäre das Land Berlin 2,67 Millionen Euro. Hinzu kommen Kosten für Referenten, Büroleiter und Dienstwagen.
Für den Landesverband des Bundes der Steuerzahler sind das zu hohe Kosten. »Wir gehen davon aus, dass Rot-Rot-Grün ihre Zahl hochgeschraubt hat, um dem Parteienproporz Rechnung zu tragen«, kritisierte der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes, Alexander Kraus. Gegenüber »Spiegel-Online« wies die Senatskanzlei auf Anfrage die Kritik zurück: Anders als andernorts würden Staatssekretäre in Berlin auch die Aufgaben sogenannter Amtsleiter übernehmen, die in der Berliner Kommunalverwaltung in dieser Form nicht verankert seien.
Zu berücksichtigen ist darüber hinaus der gegenwärtige Zustand der Berliner Verwaltung. Jeder der mal auf einem Bürgeramt gewartet hat, kann sicherlich die Einführung eines Staatssekretärs für den IT-Bereich nachvollziehen. Auch die Aufstockung der Senatsverwaltungen hat durchaus seine Berechtigung, da die durch die früheren Kürzungen schwer steuerbare Mammutverwaltungen entstanden waren. Klar ist aber auch: Die hohe Zahl an Staatssekretären muss sich auch zügig in einem besseren Verwaltungshandeln niederschlagen. mit dpa
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