Für Doping muss gelten: Strafe statt Schutz
Oliver Kern fordert von Russland mehr Aufklärungsarbeit
Der Wintersport reist aus Russland aus. Nach den Bobfahrern verlegen nun auch Skilangläufer, Biathleten und Eisschnellläufer dort geplante Wettkämpfe aus Angst vor schlechter Publicity. Einer Aufklärung der Vorwürfe oder gar Ausrottung des Problems kommt man so kein Stück näher. Es wird nur alles unter den Teppich gekehrt. Aus den Augen, …
Der Eislaufweltverband entzog Tscheljabinsk das Weltcupfinale, weil der Schwerpunkt der Veranstaltung nicht auf dem Sport, sondern auf Dopingvorwürfen gelegen hätte. Und über Doping will doch niemand reden, oder? »So kann man die tolle Arbeit der Gastgeber in Tscheljabinsk nicht genügend würdigen«, hieß es fast wortgleich mit der Begründung des Bobverbands, als er Sotschi die WM entzog. Hier wird beschützt, anstatt bestraft.
Dabei müsste es umgekehrt sein. Zu lange hat Russland den Dopingkontrolleuren und Verbänden die Tür vor der Nase zugeschlagen. Jetzt schließen die Funktionäre selbst ab und lassen Präsident Wladimir Putin sagen, dass es »in Russland nie ein staatliches Dopingsystem gegeben« habe, ja das sogar »unmöglich« sei. Dabei beweisen all die Dokumente, die Richard McLaren gesammelt hat, all die manipulierten Proben, die er nachwies, und all die Berichte von Kontrolleuren, denen auf der Suche nach Athleten der Zutritt zu militärischen (also staatlichen) Zonen verweigert wurde, das Gegenteil.
Man müsste sich nur mal die Mühe machen, alles zu lesen. Das hat im Präsidium des Biathlonweltverbands offenbar niemand getan, weshalb die IBU zwar zwei Athletinnen suspendierte, gegen die das IOC ohnehin ermittelte, doch 27 weitere Verdächtige dürfen weiter starten. Dabei besteht gegen sie dringender Tatverdacht, was eine Suspendierung ermöglicht hätte. Bei den Langläufern sind es sechs suspendierte Sportler, doch auch hier ermittelte bereits das IOC.
31 Biathleten tauchen in McLarens Bericht auf. Ihre positiven Proben wurden durch andere ersetzt oder mit negativen Analyseergebnissen versehen. Der IBU reicht das nicht, um den russischen Verband komplett zu sperren. Dabei könnte so weiter Druck erzeugt werden, bis die Russen endlich aufhören, das Problem kleinzureden oder als Verschwörung des Westens abzutun.
Das tun beileibe nicht nur die Skiläufer. Das komplette Frauen-Eishockeyteam soll in Sotschi gedopt gewesen sein, doch die Mannschaft durfte mit zur Hälfte denselben Spielerinnen 2016 WM-Bronze holen und sich so für die nächsten Spiele qualifizieren. Der des Dopings verdächtigte Bobpilot Alexander Subkow ist mittlerweile selbst Verbandspräsident. Reue ist nirgendwo zu entdecken, ebenso wenig der interne Wille zur Aufklärung.
Stattdessen freut sich der ehemalige Vorstand des russischen Biathlonverbands, Alexander Tichonow, dass »unsere Sportler nicht disqualifiziert werden«. Und er wusste, bei wem er sich bedanken musste: bei IBU-Chef Anders Besseberg. »Das ist unser Mann«, sagte Tichonow über den Norweger, dem Doping im Biathlon schon immer peinlich war. Etwas Wirksames dagegen unternommen hat er jedoch nie.
Dass die russischen Skiverbände nun die »freiwilligen« Rückgaben ihrer Veranstaltungen als Beweis dafür darstellen, die Vorwürfe ernstzunehmen, ist lächerlich. Zumal Sportminister Pawel Kolobkow im gleichen Atemzug die Boykottdrohungen anderer Länder kritisierte. Dabei glauben nicht mal die kühnsten Verschwörungstheoretiker, dass es diese Entwicklung auch ohne die Boykotte gegeben hätte.
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