Die Betriebsrente bröckelt
Fragen und Antworten zur geplanten Reform der Betriebsrente
Das Rentenniveau sinkt. Für einen auskömmlichen Ruhestand sind zunehmend private Vorsorge und Absicherung über den Arbeitgeber gefragt. Die Koalition will die Betriebsrente stärken. Ob das gelingt, ist aus Sicht von Kritikern allerdings fraglich.
Warum soll die betriebliche Altersversorgung gestärkt werden?
Weniger als 60 Prozent der Beschäftigten haben eine betriebliche Altersvorsorge. Vor allem Geringverdiener und Mitarbeiter kleinerer Unternehmen stehen häufiger ohne Betriebsrente da.
Was ist der Kern der Reform?
Unternehmen sollen die Höhe der Betriebsrente nicht mehr garantieren müssen. Sie sollen lediglich zusagen, die Beiträge der Beschäftigten an Pensionskassen, Pensionsfonds oder Versicherungen abzuführen. 15 Prozent des umgewandelten Entgelts müssen Arbeitgeber als Zuschuss an die Pensionseinrichtung zahlen. Die Höhe des Zusatzplus im Alter hängt von der Vermögensentwicklung der Einrichtungen ab. Auch sie sollen keine festen Zusagen machen. Voraussetzung ist, dass sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in Tarifverträgen auf das vorgeschlagene Sozialpartnermodell einigen.
Was bedeutet das für die Beschäftigten?
Sie wissen nicht, wie hoch das Zusatzplus im Alter ausfällt. Für die eingezahlten Beiträge und deren Verzinsung gibt es keine Garantie. Weder ihr Unternehmen noch die Pensionseinrichtungen sollen die Höhe der Betriebsrente bei dem Modell fest zusagen. Die Enthaftung der Arbeitgeber dürfe »nicht zu Lasten der Beschäftigten und auf deren Risiko alleine erfolgen«, fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB).
Was heißt das für Unternehmen?
Die Einführung einer reinen Beitragszusage ohne Garantieleistungen im Rahmen von Tarifverträgen führt zu Kostensicherheit und zum Wegfall der Haftung für Arbeitgeber. Ob das Modell ein Erfolg wird, hängt letztlich von den Tarifpartnern ab. Für einzelne Gewerkschaften könnte es interessant sein, entsprechende Versorgungseinrichtungen mitzugestalten - auch um damit um neue Mitglieder zu werben. Allerdings: Gerade kleinere und mittlere Unternehmen seien oft nicht tarifgebunden. Sie würden daher nicht von dem Modell profitieren.
Wieso sind feste Zusagen ein Problem?
Die hohen Zusagen der Vergangenheit lassen sich angesichts der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt kaum noch erwirtschaften. Darunter leiden Versicherer, Pensionskassen und Co., aber auch die Unternehmen selbst. Kürzt beispielsweise eine Pensionskasse die Verzinsung künftiger Beiträge, dann muss der Arbeitgeber einspringen, der seinen Beschäftigten die betriebliche Altersversorgung anbietet.
Wie beurteilen Versicherer die Pläne?
Die Branche stößt sich vor allem daran, dass auch Pensionskassen, Pensionsfonds und Versicherer keine Garantien mehr geben dürfen. Damit wäre die Zusage einer Mindestrente im Alter nicht mehr möglich, argumentiert der Branchenverband GDV. Eine reine Beitragszusage verknüpft mit einem Garantieverbot würde Arbeitnehmer selbst in der Rentenphase den Schwankungen der Kapitalmärkte aussetzen, ohne dass sie sich dagegen absichern können. Das Verbot von Garantiezusagen sei weder erforderlich noch hilfreich für die verstärkte Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge. Das Sicherheitsbedürfnis der Arbeitnehmer dürfe nicht außer Acht gelassen werden.
Was ist noch geplant?
Für Betriebsrenten von Geringverdienern mit monatlich bis zu 2000 Euro brutto soll es eine neue Förderung geben. Zudem sollen insgesamt höhere Beiträge steuerfrei in Pensionseinrichtungen gezahlt werden können. Das nutze jedoch nichts, wenn die Betriebsrente bei der Auszahlung hoch besteuert werde, argumentiert der Bund der Steuerzahler. dpa/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.