May sagt »Bye-bye« zum EU-Binnenmarkt
Britische Premierministerin kündigt harten Brexit an und droht Brüssel mit Steuerdumping
London. Ein halbes Jahr nach ihrer Ernennung zur Premierministerin hat Theresa May ihre Pläne für den EU-Austritt vorgelegt. In London erklärte sie am Dienstag, Großbritannien werde den Europäischen Binnenmarkt und die Zollunion in ihrer gegenwärtigen Form verlassen. Und sie sprach gegenüber der EU eine handfeste Drohung aus: Sollten sich die europäischen Politiker den Plänen Londons in den Weg stellen, werde das Land in direkte Konkurrenz zur EU treten.
May erklärte, Großbritannien solle ein »wahrlich globales Britannien« werden: »Der beste Freund und Nachbar unserer europäischen Partner, aber auch ein Land, das über die Grenzen Europas hinausreicht.« Das Parlament in London werde dabei am Ende der Verhandlungen über das endgültige Abkommen entscheiden, fügte May hinzu.
Sie wolle nicht, dass durch die EU durch den Brexit Schaden nehme. Es sei im »nationalen Interesse Großbritanniens, dass die EU erfolgreich sein wird«. Es folgte eine Reihe von Vorwürfen gegenüber der EU: Die EU habe in der Vergangenheit Mühe damit gehabt, die »Vielfalt und die Interessen ihrer Mitgliedstaaten anzuerkennen«. Bei den Zugeständnissen, die ihr Vorgänger David Cameron von der EU erhalten habe, sei Brüssel in Fragen, die vielen Briten wichtig gewesen seien, nicht flexibel genug gewesen.
Großbritannien strebe ein »ambitioniertes Freihandelsabkommen« mit der EU an, sagte May. Britische und europäische Unternehmen sollten »die maximale Freiheit« dabei haben, Handel zu treiben. Aber: »Was ich vorschlage, kann nicht eine Mitgliedschaft im Europäischen Binnenmarkt bedeuten.« Denn das hieße, unter anderem weiter der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs unterstellt zu sein. »Im Grunde genommen würde das bedeuten, die EU überhaupt nicht zu verlassen.«
Hinsichtlich der weltweiten Handelsabkommen zeigte sich May zuversichtlich. Der künftige US-Präsident Donald Trump habe zugesichert, dass Großbritannien nicht »hinten in der Schlange für ein Handelsabkommen mit den USA« stehen werde, sondern ganz vorne. May warnte die europäischen Staaten davor, Großbritannien für den EU-Austritt zu bestrafen. »Das wäre ein Akt katastrophaler Selbstbeschädigung für die Länder Europas.« Großbritannien werde eine solche Herangehensweise niemals akzeptieren, fügte May hinzu. »Kein Abkommen zu haben ist besser für Großbritannien als ein schlechtes Abkommen.« Großbritannien könne durch Steuersenkungen dafür sorgen, für Investoren weiter attraktiv zu bleiben. Damit drohte sie unverhohlen mit einem Steuerkrieg. Oppositionschef Jeremy Corbyn sagte, May habe mit ihrer Rede klargestellt, dass sie das Land »in eine Steueroase vor den Küsten Europas« verwandeln wolle.
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