Zusammenrücken für Petry
2000 Menschen protestieren in Koblenz gegen eine Konferenz der europäischen Rechtsparteien
Die Elite des europäischen Rechtspopulismus hat sich am Samstag in Koblenz versammelt. Die ENF-Fraktion (Europa der Nationen und der Freiheit) im Europaparlament hatte eingeladen. In ihren Reden strotzen die Rechten vor Selbstbewusstsein. In der AfD könnte die Konferenz für neuen Streit sorgen. Die europäischen Gäste krönten Frauke Petry zur Kanzlerkandidatin.
Seit Jahren versuchen die rechtspopulistischen Parteien in Europa, ein mächtiges Bündnis aufzubauen. Vor einigen Jahren setzten die österreichische FPÖ und der belgische Vlaams Belang auf die »Pro-Bewegung« und die Kleinstpartei »Die Freiheit«. Doch denen fehlte das richtige Personal um eine wirkmächtige rechte Partei in Deutschland aufzubauen.
Mit der AfD ist es anders. Sie ist erfolgreich und der Vorsitzende der AfD in NRW Marcus Pretzell, der auch im europäischen Parlament sitzt, streckte schon früh die Fühler zur europäischen Rechten aus. Er ist Teil der ENF-Fraktion und führte schon kleinere Vorgängerveranstaltungen mit der FPÖ durch.
In Koblenz jetzt also der Durchbruch: 600 bis 700 AfD-Anhänger versammelten sich am Morgen in der Rhein-Mosel-Halle, auch 300 Journalisten aus der ganzen Welt waren gekommen. Sie alle wollten Marine Le Pen zuhören, die im Frühjahr französische Präsidentin werden könnte. Auch die Rede des niederländischen Islamhassers Geert Wilders wurde von den AfD-Fans heiß erwartet. Weniger Interesse konnte Matteo Salvini von der Lega Nord aus Italien und Harald Vilimsky aus Österreich auf sich ziehen.
Die Reden ähnelten sich alle. Der Wahlsieg von Donald Trump wurde gefeiert, etwa von Geert Wilders, der sagte: »Gestern Amerika, heute Koblenz und morgen Europa.« Andere Themen waren eine angebliche Überregulierung und befürchtete geistige Vereinheitlichung durch die Eliten in der EU-Kommission. Wilders, Le Pen und Vilimsky betätigten sich als emotionale Einpeitscher und konnten die Anwesenden in der Halle begeistern. »Merkel muss weg« schalte es bei einer Rede von Marine Le Pen durch die Halle. Geert Wilders forderte die Zuschauer auf »Nein« zu »diesem Europa« zu sagen. Die Halle antwortete lautstark.
Neben dem demonstrativen Schulterschluss war es die zweite Funktion dieser rechtspopulistischen Show, Frauke Petry als die starke Frau der AfD zu präsentieren. Petry war die einzige Rednerin, die nicht im europäischen Parlament sitzt. Sie wurde in allen Reden gelobt. Le Pen, Wilders, und Vilimsky nannten sie die kommende deutsche Kanzlerin. Besonders hervor tat sich hierbei Harald Vilimsky, der prphezeite, »sein Freund Marcus Pretzell« sei bald »der mächtigste Mann Deutschlands, an Seiten seiner wunderbaren Frau, der Kanzlerin Frauke Petry.«
Innerhalb der AfD dürfte die Krönung Petrys zur Kanzlerkandidatin nicht auf ungeteilte Freude stoßen. Schon im Vorfeld gab es Kritik, beispielsweise von Alexander Gauland. Er warnte, der Front National sei zu »sozialistisch« für eine Zusammenarbeit mit der AfD. Auch die Frage nach einer Spitzenkandidatur von Frauke Petry ist in der AfD noch nicht geklärt. Derzeit präferieren große Teile der Parteiführung ein Spitzenteam für den Bundestagswahlkampf. In den nächsten Tagen ist also mit Statements zu rechnen, die einer Spitzenkandidatur Petrys ablehnend gegenüber stehen.
Gegen den Kongress der ENF demonstrierte ein breites Bündnis unter dem Motto »Koblenz bleibt bunt«. Zu den über 2000 Demonstranten, die gekommen waren, gehörten auch der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn. Etwa 70 Demonstranten versuchten den Zugang zur ENF-Veranstaltung zu blockieren, konnten die Veranstaltung damit allerdings nicht stören.
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