Gericht: Safia wollte töten

Schülerin soll nach Messerattacke auf Bundespolizisten sechs Jahre ins Gefängnis

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Schuldig des versuchten Mordes und der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung - den sogenannten islamischen Staat, IS - sei Safia: So urteilte das Oberlandesgericht in Celle am Donnerstag und verhängte in der nicht öffentlichen Sitzung sechs Jahre Jugendstrafe. Die Schülerin aus Hannover bleibt in Untersuchungshaft, wird in eine andere Vollzugseinrichtung verlegt, sofern das Urteil rechtskräftig wird. Binnen einer Woche kann es per Revision angefochten werden, was die Verteidigung bereits angekündigt hat.

Mit seinem Spruch ist der Staatsschutzsenat des Oberlandesgericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Die Verteidiger hatten, ohne ein Maß zu nennen, eine milde Strafe angeregt, und zwar ausschließlich wegen gefährlicher Körperverletzung.

Doch das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass die zur Tatzeit 15-jährige Safia ihr Opfer nicht nur verletzen, sondern töten wollte. Mit dem geplanten Mord habe sie den IS unterstützen wollen, dies sei unter anderem durch Chats auf dem Mobiltelefon der Schülerin belegt.

Rückblende: Safia, 2000 in Hannover als Tochter eines deutschen Vaters und einer marokkanischen Mutter geboren und von ihr streng religiös erzogen, bekam schon als Kind Kontakte zur islamistischen Szene. Ein Video zeigt sie im Alter von neun Jahren, Verse aus dem Koran rezitierend, zusammen mit dem salafistischen Prediger Pierre Vogel.

Später, auf einem Gymnasium, vertritt sie islamistische Positionen derart vehement, dass die Schule die Polizei informiert. Der Staatsschutz wird eingeschaltet, dennoch kann das Mädchen Ende Januar 2016 ungehindert von Hannover in die Türkei fliegen, wo sie Kontakt zum IS aufnimmt, mit dem Wunsch, nach Syrien zu gelangen. Die besorgte Mutter folgt ihrer Tochter, bringt sie von Istanbul zurück nach Deutschland. Dort beschlagnahmen Polizeibeamte Safias Handy, wollen prüfen, inwieweit auf ihm »verdächtige« Informationen gespeichert sind.

Knapp einen Monat darauf betritt das Mädchen in Hannover den Hauptbahnhof, verhält sich nach Erkenntnissen der Ermittler bewusst so auffällig, dass sich ihr zwei Beamte der Bundespolizei nähern: Personenkontrolle! Doch statt eines Ausweises zückt die 15-Jährige ein Küchenmesser und rammt es einem der Polizisten in den Hals. Der Kollege überwältigt Safia, der Attackierte überlebt, doch der Stich, so die Ärzte, war lebensbedrohend.

Auf dem Handy Safias entdecken die Ermittler Chats, die auf Kontakte zum IS hindeuten, und auch Zeilen, in denen sie den Terrorakt, den Islamisten im November 2015 in Paris verübten, begrüßt und bittet: Allah möge die Attentäter segnen. Weitere Erkenntnisse ließen die Bundesanwaltschaft zu dem Schluss gelangen, dass Mittelsmänner des IS die Schülerin in der Türkei mit der Attacke in Hannover beauftragt hatten.

Mitangeklagt war im Verfahren der 19-jährige Mohamad Hasan K. Er habe gewusst, so befand das Oberlandesgericht, was Safia plante. Weil er die bevorstehende Attacke nicht angezeigt hatte, verurteilten ihn die Celler Richter zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die Verteidigung hatte Freispruch beantragt. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In Niedersachsen ist der Fall Safia S. zum Politikum geworden, hatte er doch wesentlich dazu beigetragen, dass der Landtag einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema »terroristische Bedrohung durch Islamismus« konstituierte. Das Gremium soll unter anderem ergründen, ob es in Sachen Safia »grobe Fehler und Versäumnisse« seitens der Sicherheitsbehörden gegeben hat. Diesen Vorwurf erhebt die schwarz-gelbe Opposition und meint: »Das Attentat auf einen Bundespolizisten hätte verhindert werden können und müssen.«

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