Zähe Lufthansa-Schlichtung
Im Streit zwischen der Fluggesellschaft und den Piloten droht der Konzern mit Ausgliederungen
Im seit Jahren schwelenden Tarifkonflikt zwischen der Lufthansa und der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) wurden die Schlichtungsgespräche nach wochenlangen Verhandlungen am Dienstag ohne greifbare Einigung beendet. Dies bestätigte VC-Sprecher Markus Wahl auf nd-Anfrage. Damit liegt der Schlüssel nun in der Hand des als Schlichter eingesetzten ehemaligen Diplomaten Gunter Pleuger. Er soll in den kommenden Tagen einen Kompromissvorschlag erstellen und bei beiden Seiten für die Annahme werben.
Kurz vor dem Abschluss der Schlichtungsverhandlungen ließen Äußerungen eines Airlinemanagers aufhorchen, die jenseits aller Gepflogenheiten stehen. So warnte Lufthansa-Vorstandsmitglied Harry Hohmeister die Pilotengewerkschaft noch einmal öffentlich ausdrücklich vor den Konsequenzen eines aus seiner Sicht zu hohen Tarifabschlusses. Der Lufthansa-Kernbereich mit den Gesellschaften Lufthansa Classic, Lufthansa Cargo und Germanwings, um den es im Konflikt geht, könne dadurch endgültig seine »Wettbewerbsfähigkeit« verlieren und sich als »nicht mehr reformierbar« erweisen. Dann würden Investitionen in Form neuer Flugzeuge eben anderen Konzernbereichen zugute kommen, für die der mit VC abgeschlossene Konzerntarifvertrag nicht gilt, lautete die unverhohlene Drohung Hohmeisters an die Adresse der Berufsgewerkschaft.
Der Lufthansavorstand regte den Ausbau des Projekts »Jump« an, bei dem Piloten zu Bedingungen unterhalb des Konzerntarifs für Langstreckenflüge eingesetzt werden. Auch einen verstärkten Einsatz der Konzerntöchter Swiss und Austrian sowie die gezielte Bildung einer neuer Low-Cost-Tochtergesellschaft mit zunächst 30 bis 40 Maschinen schloss Hohmeister nicht aus. Damit wäre eine schrittweise Ausdünnung und Aushöhlung des Kernbereichs mit den bisherigen, relativ hohen VC-Tarifstandards programmiert. Solche Pläne seien »keine Tarifflucht, sondern eine Flucht vor einem bislang nicht kompromissfähigen Tarifpartner«, behauptete der Lufthansavorstand.
Hohmeisters Vorpreschen missfiel der Pilotengewerkschaft: »Das war völlig fehl am Platze und sicherlich nicht hilfreich«, so Markus Wahl gegenüber »nd«. Offenbar wolle der Lufthansavorstand »den Schlichter einschüchtern, weil er der Kraft der eigenen Argumente nicht traut«.
Die Drohgebärden aus der Konzernspitze passen nach Auffassung vieler Beobachter nicht zu dem in bundesdeutschen Tarifkonflikten üblichen Ritual. Schließlich gehört es in Schlichtungsverfahren zu den traditionellen Spielregeln, dass sich beide Seiten zu ihren wochenlangen Verhandlungen an einen von der Öffentlichkeit abgeschirmten Ort zurückziehen und während der mitunter komplizierten Detailverhandlungen jegliche öffentliche Äußerung über den Verhandlungsstand unterlassen, die Öl ins Feuer gießen könnte. So handhaben es seit Wochen auch die Beteiligten im Schlichtungsverfahren zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL, über das bislang noch kein Detail nach außen gedrungen ist.
Der Konflikt um die Gehälter, Alters- und Übergangsversorgung für die VC-Mitglieder wurde in den vergangenen Jahren mehrfach mit Streiks ausgefochten. Dabei ist der Lufthansakonzern nach wie vor höchst profitabel. Viele Piloten argwöhnen, dass es Großaktionäre wie die US-Fonds Templeton, Blackrock oder Franklin Ressources mit ihrem massiven Renditedruck vor allem auf die milliardenschweren Rücklagen des Konzerns für die Betriebsrenten abgesehen haben.
Unterdessen will die Lufthansa ihre Zusammenarbeit mit der arabischen Fluggesellschaft Etihad weiter vorantreiben. Nähere Details wollen Lufthansa-Chef Carsten Spohr und der bisherige Etihad-Chef James Hogan am Mittwoch in Abu Dhabi bekanntgeben. Dem Vernehmen nach geht es um eine vertiefte Kooperation bei verschiedenen Bodendiensten. Etihad ist bisher Großaktionär der angeschlagenen Fluggesellschaft Air Berlin, die jetzt Flugzeuge samt Besatzungen an Lufthansa-Töchter ausleihen soll.
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