Doppelt denken beim Strafmaß gegen den FC St. Pauli

Alexander Ludewig fordert eine angemessene Strafe für die Kiezkicker aus Hamburg

Sport ist politisch. Wer immer noch das Gegenteil behauptet, nutzt den Sport oft als politische Bühne: große Verbände wie das IOC, die FIFA, der DFB und natürlich Politiker. Warum? »Sport ist die größte Kommunikationsplattform der Welt«, sagt selbst IOC-Präsident Thomas Bach.

Für das Massenspektakel Fußball gilt das umso mehr. Und dort, im Stadion, dem so genannten Spiegelbild der Gesellschaft, stehen nicht wenige, die sich in diesem Umfeld politisch engagieren. Am Montag griff der DFB mal wieder ein, diesmal vollkommen zurecht. »Schon eure Großeltern haben für Dresden gebrannt - gegen den doitschen Opfermythos.« Das stand am Sonntag beim Spiel gegen Dynamo Dresden auf einem Transparent im Fanblock von St. Pauli. Der Kontrollausschuss des DFB leitete ein Ermittlungsverfahren gegen den Hamburger Zweitligisten ein und forderte eine Stellungnahme des Klubs.

Der FC St. Pauli wird dem DFB wohl ähnlich antworten, wie er schon am Sonntag beim Gegner Abbitte leistete: »Für das Verhalten seiner Anhänger möchte sich der FC St. Pauli bei Dynamo Dresden, seinen Fans und allen Angehörigen der Opfer der Angriffe vor 72 Jahren entschuldigen.« Ganz klar: Die Verhöhnung der Toten bei den Luftangriffen am 13. Februar 1945 durch die Fangruppe Ultrà Sankt Pauli ist hässlich und inakzeptabel.

Über das Strafmaß sollte der DFB aber zwei Mal nachdenken. Denn der FC St. Pauli und seine Fans kämpften schon gegen Rassismus und Diskriminierung, als die meisten Verantwortungsträger diese Themen ignorierten oder bestenfalls verharmlosten. Nur ein Beispiel: »Kein Fußball den Faschisten!« Dieses Motto wird beim FC St. Pauli seit Jahren gelebt, 2016 wurde er dafür vom DFB mit dem Julius-Hirsch-Preis geehrt. 2014 ließ der DFB diesen Spruch beim Training seiner Nationalelf am Millerntor noch abkleben.

Auch aktuell zeigt der FC St. Pauli Haltung. Mit einer differenzierten Erklärung zur Entschuldigung distanziert er sich »von der These des Opfermythos, der speziell von Nationalisten und Rechtspopulisten propagiert wurde« und fordert »einen kritischen Umgang mit der deutschen Geschichte.« Derart aktives politisches Engagement im Fußball ist wichtig. Und dafür stehen hierzulande in den vergangenen Jahren vor allem Ultragruppierungen aus verschiedenen Vereinen. Sie, wie allzu oft, bei der erstbesten Gelegenheit zu verteufeln, wäre falsch.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.