Irgendwie lebendig

Freitags Wochentipp: Arte zeigt die belgische Fantasy-Krimiserie »Zimmer 108«

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Medien in den USA sind jetzt also Oppositionspartei. Meint zumindest Donald Trumps externes Bauchgehirn Steve Bannon. Das gilt zwar vorerst nur fürs Weiße Haus, wo vor vier Wochen bekanntlich die einzig wahre Wahrheit eingezogen ist. Aber wer weiß - weil sie keinerlei Vermittlung durch so etwas Profanes wie »die Medien« bedarf, könnten sie auch hierzulande irgendwann auf der Oppositionsbank sitzen, statt darüber zu berichten. Ob sich der Ton dann wieder so verschärft wie zu jener Zeit, in der Wolfgang Petersens »Das Boot« spielt, von dem Andreas Prochaska für Sky bald eine Serienfortsetzung dreht, darf man bezweifeln. Auch in Martin Luthers Ära, dessen Frau Katharina der ARD am Mittwoch 7,3 Millionen Zuschauer beschert hat, wird der mittelalterliche Gesellschaftsansatz von weit rechts kaum münden. Aber wohin dann? »It’s exiting«, würde der Empörungsprofi Trump twittern. Es bleibt spannend.

Allerdings nicht in einer entspannteren Sache: Pastewka kehrt als »Pastewka« zurück. Wenngleich nicht zu Sat 1, sondern zu Amazon Prime, neoliberale TV-Entsprechung des US-Präsidenten, ein Sender, der mit allen Mitteln der Sozial- und Umweltverachtung Profit maximiert, was die Vorfreude aufs Comeback der besten deutschen Sitcom ein wenig trübt. Auch wer sich auf Harald Schmidts Rolle im Schwarzwald-»Tatort« freut, wird enttäuscht: Der Fernsehrentner hat dem SWR kurzfristig abgesagt. Einfach weil er es sich leisten kann, andere vor den Kopf zu stoßen. Ein Jammer, wenn Größe von einst zu Altersstarrsinn schrumpft.

Und damit zurück zur Jugend, die im Serienstart der Woche eine Hauptrolle hat. Namentlich: Lynn van Royen. Ab Donnerstag spielt das belgische Nachwuchstalent zehn Teile lang das Provinzgewächs Kato, das sich auf Arte blutüberströmt auf »Zimmer 108« des wallonischen Hotels Beau Séjour wiederfindet. Das Problem: Kato ist tot, wandelt aber weiter unter den Lebenden, von denen einige - wie ihre Mutter - durch sie hindurchsehen, während andere - wie ihr Vater - die Leiche als sehr leibhaftig wahrnehmen.

So fantastisch ist das Setting einer Mörderjagd, die in Deutschland kaum vorstellbar ist. Kato ist zwar hübsch, aber nicht in dem Sinn, dass Bauarbeiter hinter ihr herpfiffen. Überhaupt sind alle Figuren stinknormale Alltagsgestalten statt telegener Abziehfolien. Die vorwiegend düstere Atmosphäre will nicht um jeden Preis Stimmung erzeugen. Die Kamera wagt sich dabei in bedeutsame Ecken, ohne sie mit Bedeutung zu überfrachten. Alles ist bei aller morbiden Stimmung irgendwie - lebendig.

Das hilft über manche Ungereimtheit im Umgang mit einer Toten hinweg, die mal immateriell ist und daher ohne spürbaren Einfluss auf die Umgebung, mal merkwürdig existent, also dinglich. Beides ist ein bisschen zufällig, beides bisweilen unlogisch, beides befindet sich aber den ersten zwei Folgen nach zu urteilen sehr unterhaltsam auf der Suche nach dem Killer einer Toten, die noch lebendig ist. Irgendwie.

Arte, 2.3., 20.15 Uhr

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