Flüchtlingsstopp gegen Milliarden

Ägyptens Machthaber erwartet in schwieriger Lage die deutsche Bundeskanzlerin

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach außen hin ist die Freude über den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel groß. Seit Tagen schwören die Medien die Öffentlichkeit auf die Ankunft der deutschen Regierungschefin ein, die neben Ägypten auch Tunesien besuchen wird. Deutschland ist in Ägypten sehr beliebt, dass Merkel nun zu Besuch kommt, ist ein großer außenpolitischer Erfolg für den autokratisch regierenden und mit einer schweren Wirtschaftskrise kämpfenden Staatschef Abdelfattah al Sisi.

Es wird vor allem um Flüchtlinge gehen, aber auch um Libyen. Die Bundesregierung hofft, Ägypten dazu bewegen zu können, sich stärker für eine Stabilisierung Libyens und eine Unterbrechung der Flüchtlingsrouten einzusetzen. Al Sisi lässt keinen Zweifel daran, was er dafür erwartet: Geld, und zwar mehrere Milliarden.

Menschenrechtler warnen vor einem solchen Deal. Ägyptens Regierung lehnt wie auch Tunesien Auffanglager für Flüchtlinge ab. Stattdessen wolle man, so ein Sprecher al Sisis, Flüchtlinge »integrieren«. Dafür brauche man aber Geld. Ein Sprecher des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mahnt indes, es sei »sehr unwahrscheinlich« dass Ägypten auch nur einen Bruchteil von möglichen Zahlungen in die Versorgung von geflüchteten Menschen stecke. Er weist auf die äußerst prekäre Lage der Geflohenen im Land hin. Es mangelt an Wohnraum, an Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Zudem sind Flüchtlinge ständig Repressionen durch Polizei und Bevölkerung ausgesetzt.

»Dass Menschen sich in kaum seetaugliche Boote begeben, um nach Europa durchzukommen, liegt nicht zuletzt auch an ihrer katastrophalen Situation hier«, so das UNHCR: »Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Regierung aufhören würde, Hilfsorganisationen bei ihrer Arbeit zu behindern.« Korruption ist weit verbreitet. Überdies wurde vor einigen Monaten die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen per Gesetz stark reglementiert. Sie müssen sich nun jedes Projekt und jede Ausgabe von einer eigens geschaffenen Behörde genehmigen lassen. Das Arbeiten sei deshalb nur noch an der Grenze zur Illegalität möglich, heißt es bei dem UNHCR.

Doch al Sisi malt stattdessen lieber Schreckenszenarien: Aus den 250 000 Flüchtlingen, die das UNHCR gezählt hat, werden in seinen Reden, in den Pressemitteilungen der Regierung »fünf Millionen Flüchtlinge«. Bei jeder Gelegenheit warnt er davor, Millionen könnten sich auf den Weg nach Europa machen. Allerdings sind unter denjenigen, die sich von Ägypten aus auf den Seeweg nach Europa machen, auch viele junge Ägypter, die der schlechten wirtschaftlichen und politischen Lage entkommen wollen. Linksparteichef Bernd Riexinger kritisierte, »schäbige Deals, um Geflüchtete in alle Welt abzuschieben, sind eine politische Bankrotterklärung«. Indem die Bundesregierung solche Deals fördere, stärke sie autoritäre Regime und werte sie auf.

Kritische Worte sind von Merkel aber dennoch nicht zu erwarten. Stattdessen betonte sie im Vorfeld die Bedeutung Ägyptens als »stabilisierendes Element« in der Krisenregion. Man müsse die Lage in Libyen in den Griff bekommen, um den Schleppern dort das Handwerk zu legen, sagte sie. Ägypten unterstützt in Libyen den umstrittenen General Chalifa Haftar. Im Gegenzug für eine Ausweitung des Engagements erwartet al Sisi auch hier großzügige Zuwendungen des Westens.

Kein Thema wird voraussichtlich die Menschenrechtslage in Ägypten sein. Zehntausende, die genaue Zahl kennt niemand, sitzen aus politischen Gründen im Gefängnis. Immer wieder werden Hunderte Menschen in kaum eine Stunde dauernden Massenprozessen zum Tode verurteilt. Auf Kritik stieß auch die Äußerung Merkels, es sei vorbildlich, wie Christen in Ägypten ihre Religion ausüben könnten. Immer wieder werden christliche Einrichtungen angegriffen und zerstört. Merkel beschönige die »katastrophale Menschenrechtslage« in Ägypten, so die Gesellschaft für bedrohte Völker.

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