Mauerblümchen Mangan

Von Iris Rapoport , Boston und Berlin

  • Iris Rapoport
  • Lesedauer: 3 Min.

Gewöhnlich führt Mangan ein eher unbeachtetes Dasein. Das ist erstaunlich, denn es ist an vielen zentralen biologischen Prozessen beteiligt. So wird bei einigen Viren durch ein manganhaltiges Enzym etwas lange für unmöglich Gehaltenes machbar: Von einem einsträngigen RNA-Molekül ausgehend, wird ein DNA-Doppelstrang synthetisiert. Erst dadurch können Viren mit RNA-Genen ihre Erbinformation in Wirtszellen einschmuggeln. Das Aids-Virus gehört zu diesem hinterlistigen Typ.

Mangan mischt auch da mit, wo durch das Einfangen von Sonnenlicht die energetische Grundlage allen Lebens entsteht. Es sitzt inmitten des Zentrums der Fotosynthese. Nur durch diesen Prozess können Pflanzen die unglaublich vielen Verbindungen synthetisieren, auf denen über den Umweg der Nahrungsketten auch unsere Existenz beruht. Und als Nebenprodukt liefert die Fotosynthese den lebenswichtigen Sauerstoff.

Doch auch beim Vergehen trifft man Mangan. Das Bindemittel des Holzes, Lignin, kann von Mikroorganismen nur dank manganhaltiger Enzyme abgebaut werden. Anders gesagt: Die stolzeste Höhe jedes Kleingartens - der Komposthaufen - reckte sich ohne Mangan nutzlos zum Himmel!

Als Spurenelement ist das Schwermetall für viele Stoffwechsel-Enzyme des Menschen unverzichtbar. Auch für die Knochenbildung ist es eminent wichtig. Und selbst die Blutzuckerregulation und nicht zuletzt unser Gehirn brauchen für ein ungestörtes Funktionieren Mangan.

Vielleicht liegt sein Mauerblümchendasein ja einfach nur daran, dass es bei Mangan praktisch keinen ernährungsbedingten Mangel gibt. Genauso wenig droht bei normaler Ernährung eine Überdosierung - und das, obwohl die Spanne zwischen dem, was uns frommt ,und dem, was uns schadet, außerordentlich klein ist!

Vermutlich sichert selbst eine einseitige Kost eine angemessene Zufuhr, denn ein wenig Mangan ist fast überall enthalten. Die reichhaltigsten Quellen finden sich in pflanzlicher Nahrung, in Nüssen etwa oder Getreide.

Bei vielen Nahrungsbestandteilen wurden die Empfehlungen wieder und wieder verändert. Nicht beim Mangan. Da gilt konstant seit Jahrzehnten, dass wir pro Tag etwa zwei Milligramm benötigen. Für Mangan ist kein Speicherprotein bekannt. Dafür existiert ein intensiver Kreislauf zwischen Leber und Darm, der, je nach Bedarf, verstärkte Ausscheidung oder Rückhalt ermöglicht. So bereitet Mangan uns keine Probleme.

Von einer Zufuhr als Nahrungsergänzungsmittel ist abzuraten. Nicht nur, weil dafür kein Nutzen nachweisbar ist. Vielmehr deshalb, weil wegen der kleinen Spanne bis zur Grenze der täglich tolerierbaren Zufuhr eher eine Giftwirkung zu befürchten ist. Denn Mangan kann zwar nicht gespeichert werden, sich aber durchaus anreichern. Das tut es bevorzugt im Gehirn. Deshalb wirken stetig zu hohe Dosen gerade dort schädigend. Es wird vermutet, dass es dabei Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer begünstigen kann.

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