Zensur durch Landtagsdirektorin?

Rot-Rot-Grün in Thüringen droht mit Untersuchungsausschuss

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Bekommt der Thüringer Landtag in den nächsten Wochen seinen vierten parlamentarischen Untersuchungsausschuss dieser Legislaturperiode? Vertreter der LINKE-SPD-Grüne-Koalition in Erfurt schließen das nach einer Sitzung des Ältestenrats des Parlaments am Mittwoch jedenfalls nicht aus. Dort, so sagen sie, könnten dann die Vorwürfe gegen die Direktorin des Landtages, Birgit Eberbach-Born, aufgearbeitet werden, die seit einigen Tagen im Raum stehen.

Nämlich: Sie habe ein juristisches Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtages im Zusammenhang mit der geplanten Gebietsreform zugunsten der CDU beeinflusst beziehungsweise zensiert. »Wir hatten schon wegen weniger Untersuchungsausschüsse«, sagt die Vorsitzende der LINKE-Fraktion, Susanne Hennig-Wellsow. »Wenn die Landtagsverwaltung so weiter macht, werden wir darüber nachdenken.« Eberbach-Born hat die gegen sie erhobenen Vorwürfe unterdessen erstmals persönlich zurückgewiesen.

Wie Hennig-Wellsow dringen auch der Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, Matthias Hey, und die parlamentarische Geschäftsführerin der Grüne-Fraktion, Astrid Rothe-Beinlich, auf eine weitere intensive Aufklärung der Vorhalte. Es sei unter anderem von Landtagspräsident Christian Carius (CDU) naiv gewesen zu glauben, mit nur einer Sitzung des Ältestenrates ließen sich die Vorwürfe entkräften, argumentieren sie.

Carius und auch der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Mike Mohring, sehen das ganz anders; nach der Sitzung des Ältestenrates mehr noch als im Vorfeld, was beide auch deutlich so sagen. Selbst Carius tut das, obwohl der für sich in Anspruch nimmt, als Landtagspräsident das Parlament als Ganzes und über alle Parteigrenzen hinweg zu repräsentieren. So sagt er beispielsweise, er sei »verwundert« darüber, dass Eberbach-Born in der Sitzung des Ältestenrats nicht die Gelegenheit bekommen habe, selbst Stellung zu den Vorwürfen zu nehme. »Ich finde das persönlich empörend und mein Eindruck ist, dass die Koalitionsmehrheit hier mehr ein Interesse an einer Skandalisierung hat als an ernsthafter Aufklärung.«

Hey sagt, weil die CDU-Vertreter 15 Minuten später als vereinbart zu der Sitzung erschienen seien, habe die Zeit nicht ausgereicht, um Eberbach-Born zu Wort kommen zu lassen. Sie aber werde ihre Gelegenheit im Zuge der weiteren Aufarbeitung der Vorwürfe noch bekommen.

Wenn auch nicht im Ältestenrat so doch gegenüber Journalisten hat die Direktorin indes mit harschen Worten die Anschuldigungen zurückgewiesen - und die von ihr vorgenommenen Streichungen im Gutachten-Entwurf der Landtagsverwaltung verteidigt. In ein solches Dokument gehörten weder Vermutungen noch Unterstellungen noch Spekulationen, sagt sie. Deshalb habe sie solche Passagen aus dem Text gestrichen, der zuvor von Mitarbeitern des wissenschaftlichen Dienstes erarbeitet worden sei. Dadurch habe sie an der Substanz des Papiers nichts geändert. Trotz ihrer Streichungen setze sich das Gutachten kritisch mit der Klage der CDU-Fraktion gegen den Innenausschuss des Parlaments auseinander. Vor allem die Art und Weise wie die Anschuldigungen gegen sie vorgebracht werden, empfindet Eberbach-Born als besonders verletzend. »Lassen Sie mich sagen, dass ich bar entsetzt über den Hass bin, der mir entgegenschlägt.« An ihr werde Rufmord begangen.

Zudem weist Eberbach-Born ebenso wie Carius die rot-rot-grüne Lesart zurück, die Landtagsverwaltung habe im Auftrag des von LINKE, SPD und Grünen dominierten Innenausschusses überhaupt ein anwaltliches Gutachten zugunsten der rot-rot-grünen Regierungskoalition erstellen müssen, um der Klage der CDU zu begegnen. »Wir sind nicht der verlängerte Arm und auch nicht anwaltlich tätig für irgendeine Fraktion«, sagt Carius. Die Landtagsverwaltung erstelle juristische Stellungnahmen, die Argumente gegeneinander abwäge.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.