Gepokert, gewählt, gewonnen

Bulgariens Premier Borissow lässt gern abstimmen und freut sich auf eine weitere Amtszeit

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 3 Min.

Ohne Not hatte Bulgariens Dauer-Premier Bojko Borissow nach dem Debakel seiner konservativen GERB-Partei bei den Präsidentschaftswahlen im November zum zweiten Mal frühzeitig das Handtuch geworfen und Wahlen forciert. Die Wahlrechnung ist für den einstigen Leibwächter aufgegangen. Vorzeitig hat sich der bullige Hobbykicker bei den dritten Parlamentswahlen in vier Jahren die anvisierte Verlängerung seiner Ära als Ministerpräsident gesichert, den sozialistischen Dauerrivalen BSP auf Abstand gehalten - und sich gleichzeitig mit dem an der Vierprozenthürde gescheiterten Reformblock (RB) eines unbequemen Koalitionspartners entledigt.

Das Wahlergebnis bestätige, dass seine GERB die »führende Partei« des Landes sei, kommentierte der alte und vermutlich neue Premier zufrieden den Ausgang des von ihm erzwungenen Urnengangs: »GERB wird erneut die Regierung bilden.« Resigniert kommentierten hingegen regierungskritische Medien das Wahlergebnis. Borissow sei für seine vielen Patzer noch »belohnt« worden, klagte bitter das Online-Portal »Sofia Globe«. Selbst die florierende Korruption unter GERB scheine die Wähler nicht zu stören, kommentierte niedergeschlagen das unabhängige Webportal »e-vestnik« den Wahlausgang: »Borissow wird alles verziehen. Man gibt ihm sogar das Recht weiterzumachen.«

Tatsächlich fuhr dessen GERB-Partei trotz karger Erfolgsbilanz mit 32,66 Prozent ein nahezu identisches Ergebnis wie bei den letzten Wahlen 2014 ein. Die BSP legte zwar fast zwölf Prozent zu und konnte mit 27,19 Prozent die verheerenden Verluste des Wahldebakels von 2014 wieder wettmachen. Doch den anvisierten Wahlsieg haben die Sozialisten klar verpasst. Ihre Partei werde keine Verhandlungen mit GERB führen, beendete BSP-Chefin Kornelija Ninowa noch in der Wahlnacht alle Spekulationen über eine etwaige Bildung einer großen Koalition: Nur wenn GERB im Koalitionspoker scheitern sollte, werde sich ihre Partei an einer Regierungsbildung versuchen.

Zwar hat die türkische Oligarchenpartei DPS mit 9,02 Prozent der Stimmen ihre angestammte Position als drittstärkste Kraft wider Erwarten behaupten können. Doch in Sofia wird nun mit der Bildung einer Koalition der GERB mit dem nationalistischen Wahlbündnis der Vereinten Patrioten (8,99 Prozent) und dem populistischen Parteineuling Wolja-Wille (4,19 Prozent) des Unternehmers Wesselin Mareschki gerechnet. Schon in der Wahlnacht sprach sich der »Balkan-Trump« für die Unterstützung einer von GERB geführten Regierung aus. Am Montag erklärte Mareschki, sich erst mit den nationalistischen Patrioten und dann mit GERB abstimmen zu wollen: »Wir werden Bedingungen stellen, die gut für das Land sein werden.«

Doch ein Aufbruch in bessere Zeiten dürfte für den EU-Habenichts Bulgarien auch bei einer dritten Regierungsmission von Borissow kaum zu erwarten sein. So dümpelt das ärmste EU-Mitglied zehn Jahre nach Beitritt noch immer am Ende der EU-Sozialstatistiken.

Genauso wie die BSP hat sich auch GERB vor allem als geschäftstüchtiger Verwalter der Futtertröge der Macht erwiesen: Auf dem Korruptionsindex von Transparency International bleibt Bulgarien das am schlechtesten notierte EU-Mitglied. Den zu erwartenden Rechtsruck auf der Regierungsbank dürften vor allem die Flüchtlinge in Form geschlossener Aufnahmelager und verschärfter Asylprozeduren auszubaden haben: Schon im Wahlkampf sahen sich die unerwünschten Fremden vermehrten Attacken nationalistischer Stimmenstreiter ausgesetzt.

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