»Geringe Schuld«

Kranken Flüchtling gefesselt - Prozess eingestellt

  • Lesedauer: 2 Min.

Kamenz. Der Prozess gegen vier Männer, die vor knapp einem Jahr einen psychisch kranken Flüchtling an einen Baum gefesselt hatten, ist am Montag kurz nach Beginn eingestellt worden. Der Richter am Amtsgericht Kamenz begründete dies nach einem gut einstündigen Rechtsgespräch mit den Verfahrensbeteiligten mit der geringen Schuld der Angeklagten. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Die Anklage hatte den Männern im Alter von 29 bis 56 Jahren Freiheitsberaubung vorgeworfen. Sie hatten ihr Verhalten als Notwehr dargestellt.

Die Männer, darunter auch ein CDU-Kommunalpolitiker, hatten den 21 Jahre alten Flüchtling im Mai vergangenen Jahres nach einer Auseinandersetzung aus einem Supermarkt in Arnsdorf (Landkreis Bautzen) gezerrt und auf dem Parkplatz mit Kabelbindern an einem Baum fixiert. Angeblich sollte er die Kassiererin bedroht haben. Entsprechende Ermittlungen waren jedoch mangels Nachweis eingestellt worden. Der Iraker befand sich damals in psychiatrischer Behandlung im Krankenhaus Arnsdorf. Der Fall hatte bundesweit Empörung ausgelöst.

Der Prozess hatte am Morgen unter großem Andrang begonnen. Knapp 100 Menschen hatten sich vor dem Amtsgericht eingefunden - überwiegend Unterstützer der Angeklagten, die Transparente mit Slogans wie »Zivilcourage ist kein Verbrechen« trugen. Schon im Vorfeld hatte der Prozess vor allem auf rechten und fremdenfeindlichen Internetseiten für Unmut gesorgt.

Der 21-jährige Iraker, der ursprünglich als Zeuge in den Prozess aussagen sollte, ist zwischenzeitlich verstorben. Seine Leiche war erst in der vergangenen Woche im Tharandter Wald gefunden worden. Hinweise auf Fremdeinwirkung oder einen direkten Zusammenhang mit dem Vorfall in Arnsdorf gibt es den Ermittlungen zufolge nicht. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.