Malteser Gebührendienst
EU-Staaten sollen für verweigerte Flüchtlingsaufnahme zahlen / Deutsche Experten mit eigenem Vorstoß
Malta schlägt eine Art Bußgeldmechanismus bei der Flüchtlingsverteilung in Europa vor. Staaten, die ihrer Verpflichtung zur Aufnahme nicht nachkommen, sollen binnen fünf Jahren für jeden Flüchtling 60 000 Euro zahlen; Länder, die mehr Migranten aufnehmen, in entsprechender Höhe entschädigt werden. Malta, dem derzeit die Ratspräsidentschaft obliegt, will seinen Vorschlag an diesem Mittwoch bei den Beratungen der EU-Kommission unterbreiten, die der Vorbereitung eines Gipfeltreffens am Wochenende dienen.
Die Staatenunion ist weiterhin uneins, was den weiteren Umgang mit den Flüchtlingen angeht. Unverändert sehen sich die Außenstaaten, vor allem Griechenland und Italien, an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Andererseits weigert sich eine Mehrzahl der Staaten nach wie vor, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Nicht einmal 20 000 der vereinbarten 160 000 Migranten, die einem Abkommen zufolge unter den Mitgliedsländern verteilt werden sollen, sind bisher tatsächlich umgesiedelt worden.
Gleichzeitig bringt das maltesische Papier eine mögliche Obergrenze für die Umverteilung von 200 000 Migranten ins Spiel. In »schweren Krisensituationen«, wenn die Grenze erreicht wäre, würden die Europäischen Staats- und Regierungschefs über das weitere Vorgehen entscheiden.
Einen EU-weiten Mechanismus zum finanziellen Ausgleich der Kosten schlägt auch ein Gremium in Deutschland vor, das am Dienstag sein Jahresgutachten veröffentlichte. Der Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Integration und Migration spricht allerdings nicht von Strafen, sondern stellt sich einen solidarischen Mechanismus vor. Sowohl den Erstaufnahmeländern als auch den Ländern, in die viele anerkannte Flüchtlinge weiterwandern, solle ein Teil der Kosten erstattet werden, die ihnen aus der Zuwanderung entstehen.
Der Sachverständigenrat, ein Gremium der unabhängigen Forschung und Politikberatung zu Fragen der Migration und Integration, sieht in der »Flüchtlingskrise« von 2015, die es als Krise der europäischen Flüchtlingspolitik identifiziert, eine Chance. Eine Rückkehr zum Status quo ante sei nicht möglich, weil dieser zur Überlastung der EU-Staaten an den Außengrenzen geführt und die Krise erst verursacht habe. Es müsse daher nach Alternativen gesucht werden, heißt es in der Zusammenfassung des Gutachtens, das vorschlägt, die »Weiterwanderabsichten von Flüchtlingen als Beitrag zu deren Verteilung« zu nutzen. Dafür sollten Schutzberechtigte gewisse Freizügigkeitsrechte erhalten. Diese könnten durchaus auch »konditioniert«, also eingeschränkt werden - zum Beispiel nach Erfordernissen des Arbeitsmarktes im Zielland. Die Sachverständigen legen überdies eine Reihe von Vorschlägen zur Integration vor. Seiten 4 und 5
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