Deutsche Panzer gegen Jesiden

Türkeinahe Milizen setzen Dingo-Fahrzeuge offenbar auch gegen kurdische Kräfte in Irak ein / Jelpke: Berlin muss endlich Konsequenzen ziehen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Bei Angriffen türkeinaher Milizen auf die jesidische Selbstverwaltung im Irak wird offenbar auch deutsches Militärgerät eingesetzt. Dies habe die Bundesregierung jetzt quasi bestätigt, so die Linkspartei-Abgeordnete Ulla Jepke. Das Auswärtige Amt hält sich allerdings bedeckt.

Konkret geht es um einen Dingo-Transporter aus deutscher Produktion, aus dem heraus Anfang März zwei Mitglieder der kurdischen Volksverteidigungskräfte HPG in der der irakischen Sengal-Region erschossen worden. Bei den Tätern handele es sich um eine von der »Türkei gesteuerte Gruppe, der sogenannten Roj Peschmerga. Beim weiteren Angriff durch die Roj Peschmerga wurden mehrere Angehörige der Selbstverteidigungseinheiten des jesidischen Volksrats und ein junges Mädchen getötet«, so Jelpke.

Die Abgeordnete kritisierte, »dass die Waffen, die von der Bundesregierung an Peschmerga der Barzani-Regierung in die kurdische Region in den Irak geliefert wurden, nicht nur für den Kampf gegen die IS-Terroristen eingesetzt werden, sondern auch zur Ausweitung der Interessenssphäre des Barzani-Regimes. Jetzt sehen wir diese Waffen in den Händen seiner Milizen im Einsatz gegen die jesidische Selbstverwaltung.« Sie sehe sich jetzt in ihrer Warnung bestätigt, so Jelpke, »dass diese Waffen zur Unterdrückung der örtlichen Bevölkerung durch die kurdische Regierung zum Einsatz kommen könnten«. Trotz der Belege ziehe die Bundesregierung aber »daraus offensichtlich keine Konsequenzen, sondern steckt den Kopf in den Sand«.

Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort darauf, dass die gelieferten Waffen an eine so genannte Endverbleibserklärung gebunden seien. Mit deren Unterzeichnung verpflichte sich die kurdische Regionalregierung im Irak, »die gelieferten Waffen ausschließlich im Kampf gegen IS anzuwenden«. Auf »konkrete Hinweise« auf Missbrauch oder den Bruch der Endverbleibserklärung reagiere man unter anderem mit eigenen Untersuchungen. Die Bundesregierung bestätigte zwar, dass auf Videobeweisen ein Dingo zu sehen ist, sie erkenne darin aber »keine Darstellung eines militärischen Angriffs«. Auch wird darauf verwiesen, dass auch Katar Fahrzeuge vom Typ Dingo in Gebrauch habe. Man habe keine Erkenntnisse, dass Waffen aus deutschen Unterstützungsleistungen bei den genannten Vorfällen eingesetzt worden seien.

Jelpke nannte es zudem »unglaublich, dass die Bundesregierung marginale KDP- und türkeinahe Gruppen aus Syrien mit fast einer Million Euro subventioniert und ihnen die Teilnahme an den Genfer Syrien-Friedensgesprächen ermöglicht hat, während die Rojava-Selbstverwaltung, die die große Mehrheit der Bevölkerung in Nordsyrien repräsentiert und den Löwenanteil am Kampf gegen den sogenannten IS trägt, von diesen Verhandlungen ausgeschlossen bleibt«. Jelpke zufolge trägt die Bundesregierung dadurch zur Destabilisierung der Region »im Sinne der neoosmanischen Pläne des Erdogan-Regimes bei«.

Weitere Hinweise auf den Einsatz deutscher Kriegsausrüstung gegen kurdische und jesidische Einheiten hatte zuvor das »Lower Class Magazine« zusammengetragen. »Die Bundesregierung schickte 2014 Waffen an den kurdischen Clanchef Mesud Barzani – angeblich zum Schutz der vom Islamischen Staat bedrohten Jesidinnen im Şengal-Gebirge«, heißt es dort. »Doch am 3. März setzte der Bündnispartner Berlins selbst deutsche Bundeswehr-Dingos gegen Jesiden ein.« Die Ergebnisse der Nachforschungen vor Ort seien »eindeutig. Uns liegen vier bislang unveröffentlichte Videos vor, die den Vorfall dokumentieren«, so die Journalisten. Schon im März hatte es Berichte gegeben, laut denen die von der Bundeswehr ausgestatteten und trainierten Peschmerga deutsche Waffen gegen jesidische Kämpfer einsetzen – seinerzeit ging es um Gewehre. nd

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