Umweltminister will zehn Kohlekraftwerke in NRW abschalten
Grüne fordern Ausstieg aus Kohleverstromung, um Klimaziele zu erreichen / Ministerpräsidentin Kraft distanziert sich
Düsseldorf. NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) will in den kommenden drei Jahren zehn Kohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen vom Netz nehmen. Das sieht eine »Düsseldorfer Erklärung« vor, die am Samstag von den vier grünen Umweltministern von Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und NRW veröffentlicht wurde. Darin wird ein Ausstieg aus der Kohleverstromung gefordert. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) distanzierte sich umgehend.
Diese Forderung könne Remmel gerne als Wahlkampfposition der Grünen vortragen, »aber das ist nicht die Position der NRW-Landesregierung«, teilte Kraft mit. Remmel vermische Parteifunktion und Ministeramt in unzulässiger Weise, kritisierte Kraft. Kritik kam auch von der FDP: Der eigentliche Grund des Vorstoßes sei die Angst der Grünen, in der politischen Bedeutungslosigkeit zu versinken. Wirtschaft und Verbraucher müssten die Zeche bezahlen. Remmel sei nicht mehr regierungstauglich, erklärte Dietmar Brockes, energiepolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion.
Zu den Forderungen der grünen Minister zählen ein Verbot für neue Kohlekraftwerke, Tagebaue, Enteignungen und Umsiedlungen. Noch im laufenden Jahr solle auf Bundesebene eine Kohleausstiegskommission eingesetzt werden. Der Kohlendioxid-Ausstoß müsse begrenzt werden und sich an den Emissionen eines modernen Gaskraftwerks orientieren. Dies führe dazu, dass noch vor 2020 in Deutschland rund 20 besonders klimaschädliche Stein- und Braunkohlekraftwerksblöcke stillgelegt werden müssten, zehn davon in NRW, erläuterte Remmel.
»Zehn schmutzige und klimaschädliche Kraftwerke in NRW müssen über die bisherigen Planungen hinaus möglichst schnell und sozialverträglich abgeschaltet werden.« Zur Diskussion stehen Blöcke der Braunkohlekraftwerke Weisweiler, Niederaußem und Neurath sowie Steinkohlekraftwerkeblöcke im Ruhrgebiet, zum Beispiel in Gelsenkirchen. Dabei handelt es sich um ältere Kraftwerke ohne Fernwärme, die zwischen 1965 und 1975 gebaut wurden.
Die NRW-Grünen hatten bereits im Dezember beschlossen, den Ausstieg aus der Kohleverstromung zum zentralen Thema ihres Landtagswahlkampfs zu machen. In NRW gehe es um 27.000 Megawatt Kohleverstromung in 46 Kraftwerken. »Das ist jetzt unser Job. Alle Anderen ducken sich weg«, hatte Remmel gesagt. Am dichtesten Kohlekraftwerksstandort Deutschlands sei das für die nächste Wahlperiode der größte Kraftakt - »das Megaprojekt der Transformation«.
Dabei sind die NRW-Grünen weniger radikal als ihre Bundespartei, die bis 2025 einen kompletten Ausstieg aus der Kohleverstromung anstrebt. Deutschland sei drauf und dran, sein eigenes Klimaziel für 2020 zu verpassen, warnte Hessens Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al Wazir am Samstag. »Wenn jetzt kein schrittweiser und planvoller Ausstieg aus der Kohleverstromung eingeleitet wird, sind die Klimaziele nicht mehr zu erreichen.«
»Erst gestern hat die Bundesregierung auf Druck der Kohlewirtschaft in Brüssel gegen die Verschärfung der Grenzwerte von Stickoxiden und Quecksilber gestimmt«, kritisierte Ulrike Höfken, Umweltministerin in Rheinland-Pfalz. Die Kohle bedrohe nicht nur das Klima, sondern auch die Gesundheit der Menschen. nd/Agenturen
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