Die Transformation der Transformation
Die Regierung Südafrikas will einheimische Unternehmer beim Eintritt ins Minengeschäft unterstützen
Über mangelndes Interesse konnten sich die Organisatoren der Bergbaumesse in Kapstadt nicht beklagen. Ein Plus von 32 Prozent bei den vertretenen Unternehmen und gar einen Zuwachs von 71 Prozent bei den Investoren verbuchte die Mining Indaba, das größte Branchentreffen des Kontinents, 2017 gegenüber dem Vorjahr. Doch der Wirtschaftszweig, laut Bergbauminister Mosebenzi Zwane verantwortlich für rund acht Prozent des Bruttosozialprodukts Südafrikas, befindet sich im Umbruch. Die großen Konzerne, die über mangelnde Profitabilität klagen, sind auf dem Rückzug - und die Regierung will nun kleinere, schwarze Unternehmer fördern.
»Im Bergbausektor müssen wir dem Prinzip geteilten Wohlstands und verantwortungsvoller Investitionen verpflichtet bleiben«, erklärte Zwane in seiner Eröffnungsrede. »Wir bitten die Investorengemeinde, die Möglichkeit zu ergreifen, bei ihren Geschäften bedeutsame Partnerschaften mit schwarzen Menschen, Gemeinschaften und Arbeitern zu schließen«, ergänzte er. Und die Regierung agiert nicht mehr nur als Bittsteller. Im März will Zwane die neue Bergbau-Charta vorstellen. Es ist wahrscheinlich, dass die Konzerne dann stärker als bisher Anteile an schwarze Unternehmer abgeben müssen. Zwanes Stellvertreter Godfrey Oliphant sprach während der Messe bereits Klartext: »Die Bergbauindustrie war sehr prozesssüchtig über die Jahre und sie hat die Gerichte benutzt, um Transformation zu blockieren«, erklärte er und fügte hinzu: »In Südafrika können wir nicht weiter mit Leuten streiten, die die Transformation blockieren.«
»Radikale ökonomische Transformation« war auch das Schlagwort, das Staatspräsident Jacob Zuma kürzlich ins Zentrum seiner Rede zur Lage der Nation gestellt hatte. Ursprünglich gemeint war damit, nach der demokratischen Befreiung des Landes auch die ökonomische Schlechterstellung der armen, einst unterdrückten Massen aufzuheben. Doch die Programme, die die Regierungspartei ANC nun vorantreibt, sprechen eine andere Sprache. Unter Zuma setzt sie sich vor allem für die Unterstützung schwarzer Unternehmer ein, die Einbeziehung der Gemeinden bleibt ein soziales Anhängsel. »Die rassische Zusammensetzung der Bergbauindustrie muss sich ändern«, forderte Oliphant - dabei hatte er aber die Chefetagen und nicht die Kumpel im Blick.
Bei den großen Konzernen, die ihre sozialen Verpflichtungen insbesondere in Bezug auf die Wohnsituation der Bergarbeiter nie erfüllt haben, rennt die Regierung damit eigentlich offene Türen ein, auch wenn das in den Konzernführungen niemand zugibt. »Eine Mischung aus schrumpfenden Reserven, steigenden Lohnkosten, häufigen Betriebsunterbrechungen und der Ungewissheit in Bezug auf Regularien hat führende Bergbauunternehmen dazu gebracht, ihre Präsenz in Südafrika zu überdenken«, schrieb der Wirtschaftsdienst Bloomberg kürzlich. Mit den Regularien ist die neue Bergbau-Charta gemeint, die Unterbrechungen sind Folgen der zahlreichen Unfälle in den immer tiefer gegrabenen Schächten. 73 Kumpel fanden darin allein im Jahr 2016 den Tod. Darin sieht Bergbauminister Zwane allerdings bereits eine »signifikante Verbesserung«, weil es im Vorjahr noch 77 Todesfälle waren.
Wegen der gesunkenen Profitabilität und auch, weil die Regierung zuletzt öffentlich auf die Umsetzung von Sozialkonzepten drängte, haben global agierende Großkonzerne wie Anglo American, BHP Billiton und Goldfields in den vergangenen Jahren begonnen, Minen in Südafrika zu verkaufen. In diese Lücke sollen nun mit staatlicher Unterstützung einheimische schwarze Unternehmer stoßen.
Ob diese allerdings sozialer agieren, bleibt fraglich. Ein Beispiel, das dagegen spricht, müsste Zuma eigentlich kennen: Im Jahr 2009 hatte sein Neffe Khulubuse Zuma zusammen mit einem Enkel Nelson Mandelas zwei Goldminen von einer bankrotten Firma übernommen. Anschließend machten sie die verbliebene Ausstattung zu Geld, ehe sie selbst Konkurs anmeldeten. Die Mine ist nun völlig verfallen, die zurückgelassenen Arbeiter warten bis heute auf ihre Gehälter.
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