Think-Tank
Bildungsrauschen
Am 23. August 2006 hat die Bundesregierung die Einsetzung einer »Expertenkommission Forschung und Innovation« (EFI) beschlossen. Dieser Beschluss muss in Zusammenhang mit den Hartz-IV-Gesetzen gesehen werden, die in den Jahren zwischen 2003 und 2006 in Kraft traten. Beides - sowohl die Förderung der Wissenschaft unter ökonomischen Gesichtspunkten als auch der Umbau des Sozialstaates - sollte dazu dienen, Deutschland zu einem global führenden Standort zu machen. Laut e-fi.de versprach man sich zum einen eine »Bündelung des interdisziplinären Diskurs mit Bezug zur Innovationsforschung von Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Bildungsökonomie, Ingenieur- und Naturwissenschaften sowie der Technikvorausschau«. Zum anderen oblag der Kommission das klassische Feld der wissenschaftlichen Politikberatung. Vergleichsstudien sollten Daten über »Strukturen, Trends, Leistungsfähigkeit und Perspektiven des deutschen Forschungs- und Innovationssystems« liefern, aus denen sich »Handlungsoptionen zur Weiterentwicklung des deutschen Forschungs- und Innovationssystems« ergeben sollten.
Parallel dazu sollte die EFI Gutachten zu »Schwerpunktfragen des deutschen Forschungs- und Innovationssystems« erstellen; diese erscheinen seit 2008 jährlich. Zu den Aufträgen der Expertenkommission zählt auch, »Indikatorsysteme zur Analyse und Beschreibung von Innovationsprozessen« zu erstellen, um die »Entwicklungen im deutschen Innovationssystem« regelmäßig zu reflektieren.
Damit wurde der Kommission der Status eines zentralen Think-Tanks zugeschrieben. In ihrer Selbsteinschätzung greift die EFI auf die langjährige Bildungsgeschichte deutschsprachiger Länder zurück, die durch die internationale Anerkennung ihrer wissenschaftlichen Standards in »höherer Bildung, Forschung, industrieller Produktentwicklung und somit technologischer Leistungsfähigkeit« gekennzeichnet sei. Man stehe in dieser Tradition und wolle sich dieser »permanenten Herausforderung« auch im 21. Jahrhundert stellen.
Nicht nur Fachverbände wie der Branchenverband der Biotechnologie-Industrie, sondern auch die Bildungsgewerkschaft GEW greifen für ihre Arbeit auf die Ergebnisse der Jahresgutachten zurück. So forderte der stellvertretende Vorsitzende der GEW, Andreas Keller, Bund und Länder auf, den Empfehlungen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses »nach Geist und Buchstaben konsequent« nachzukommen. Das bedeute, so Keller, dass die »geförderten Tenure-Track-Professuren in jedem Land und an jeder Hochschule auf Dauer zusätzlich erhalten bleiben und nicht an anderer Stelle gestrichen werden« und dass »nur Hochschulen, die Personalkonzepte für verlässliche Karrierewege vorweisen können und umsetzen, zum Zuge kommen« dürfen. (gew.de)
Der sechsköpfige Vorstand der EFI ist zwar geschlechtsparitätisch besetzt, besteht jedoch nur aus Wirtschaftswissenschaftlern. Lena Tietgen
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