Karlsruhe soll es richten
Hessisches Staatsgericht weist Klage der Vereinigung Cockpit gegen Streikverbot ab
Wiesbaden. Der Tarifkonflikt zwischen der Lufthansa und den Piloten der Vereinigung Cockpit (VC) beschäftigt immer noch die Gerichte. Am Mittwoch verhandelte der hessische Staatsgerichtshof über die Frage, ob die VC während des heftigen Arbeitskampfes vor zwei Jahren illegale Streikziele verfolgte. Die Wiesbadener Richter wiesen die Grundrechtsklage der Gewerkschaft gegen das Land Hessen ab. »Im Ergebnis besteht in Hessen das gleiche Streikrecht wie in anderen Ländern«, hieß es zur Begründung.
Im September 2015 hatte das Hessische Landesarbeitsgericht per einstweiliger Verfügung die 13. Streikrunde der VC bei der Lufthansa abrupt gestoppt und einen Arbeitskampf untersagt, da die Gewerkschaft ihn auch gegen Pläne zum Konzernumbau gerichtet und damit ein unzulässiges Streikziel verfolgt habe. Nach Auffassung des Arbeitsrichters hatte die VC als illegale Bedingung für Tarifgespräche zu Gehältern und Altersvorsorge verlangt, dass die Lufthansa ihr Billigkonzept mit der Tochter Eurowings nicht weiterverfolgt. Nach der Verfügung des Landesarbeitsgerichts startete die VC eine 14. Streikrunde mit geänderten Zielen. Inzwischen haben sich die Kontrahenten grundsätzlich auf einen Kompromiss geeinigt, der derzeit genauer ausgehandelt wird. Etwaige Schadenersatzansprüche der Lufthansa fürchtet die VC nach eigenen Angaben nicht, da dies bei einer Tarifeinigung unüblich sei.
Die Vereinigung Cockpit klagte zudem gegen das Urteil, da sie ihr garantiertes Streikrecht verletzt sieht. Die hessische Landesverfassung gewähre das Streikrecht umfassender als das Grundgesetz und beschränke Streikziele nicht auf tarifvertraglich regelbare Gegenstände, so die Begründung.
Das sieht der Staatsgerichtshof anders. Die Grundrechtsklage sei unzulässig, da die Gewerkschaft eine inhaltsgleiche Beschwerde auch beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat. Im konkret entschiedenen Fall habe zudem für die Gewerkschaft kein weiterreichendes Streikrecht aus der hessischen Verfassung bestanden. Ingolf Schumacher, Vorsitzender Tarifpolitik der VC, verwies darauf, dass die Abweisung der Grundrechtsklage allein prozessuale Gründe habe. Das letzte Wort werde jetzt in Karlsruhe gesprochen.
Indes waren sich die hessischen Richter nicht einig: Das Urteil wurde mit acht zu drei Stimmen gefällt. Die Minderheit erklärte, die Klage sei zu Unrecht abgewiesen worden. Diese Entscheidung werde dem Stellenwert der Landesverfassungen und der Landesverfassungsgerichte im föderalen System nicht gerecht. Die Frage, ob die hessische Verfassung ein weiterreichendes Streikrecht gewährleiste als das Grundgesetz in seiner »restriktiven Auslegung durch die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung« hätte erörtert werden müssen. nd/Agenturen
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