Streiks bei der BVG nicht ausgeschlossen

Bei den Berliner Verkehrsbetrieben bahnt sich ein Tarifkonflikt an

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Am Mittwochmorgen um 9 Uhr herrscht Trubel vor der Zentrale der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) an der Holzmarktstraße in Mitte. Die Gewerkschaft ver.di hat ihre Mitglieder zu einer »aktiven Frühstückspause« zusammengetrommelt. Ver.di-Fahnen wehen, Trillerpfeifen machen ohrenbetäubenden Lärm, viele der rund 100 anwesenden Beschäftigten tragen gelbe T-Shirts. »Guten Nahverkehr kann man kaufen«, steht auf der Vorderseite, auf dem Rücken: »Tarifverträge muss man erkämpfen.«

»Es müssen definitiv mehr als 2,5 Prozent Lohnsteigerung werden«, sagt der zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretär Jeremy Arndt. So viel hat der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) Berlins im Namen der BVG den 14 400 Mitarbeitern bei der ersten Verhandlungsrunde am vergangenen 10. Mai angeboten. »Wir haben klargemacht, dass sich die Rahmenbedingungen geändert haben«, so Arndt. »Die Beschäftigten müssen an den Gewinnen der letzten drei Jahre beteiligt werden.«

»Eigentlich müssten wir laut dem Ergänzungstarifvertrag von 2013 nur 1,5 bis 1,6 Prozent anbieten«, erklärt BVG-Personalvorstand Dirk Schulte, der auch vor der Unternehmenszentrale steht. »Wir haben uns aber entschlossen, dennoch 2,5 Prozent anzubieten«, sagt Schulte. Tatsächlich sieht der 2013 ausgehandelte »Ergänzungstarifvertrag Zukunftssicherung« garantierte 2,5 Prozent Lohnsteigerung in diesem Jahr nur bei einem 2016 erzielten Gewinn von mindestens 55 Millionen Euro vor. Tatsächlich lag der Überschuss laut Jahresbericht bei 11,2 Millionen Euro.

»Unsere Forderung ist gut begründbar, denn der Jahresabschluss der BVG lag mit 11,2 Millionen Euro deutlich über dem Planwert«, entgegnet Jeremy Arndt. »Wir mussten bei annähernd gleichen Personalzahlen mehrere Mehrleistungspakete wegfahren«, sagt Arndt weiter.

»Wir werden bei jeder Personalversammlung für unsere Arbeit gelobt, können uns aber dafür nichts kaufen«, sagt ein Mitarbeiter der Lichtenberger Straßenbahnwerkstatt, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

»Auf der Habenseite der BVG sind tolle Gewinne und gute Prognosen. Die Kehrseite sind rückläufige Bewerberzahlen und eine hohe Fluktuation«, sagt die Berlin-Brandenburger ver.di-Landeschefin Susanne Stumpenhusen. In der letzten Aufsichtsratssitzung der BVG sei intensiv über die hohe Fluktuation, also häufige Mitarbeiterwechsel, bei deren Fahrdiensttochter »Berlin Transport« (BT) gesprochen worden, erklärt sie auf nd-Nachfrage.

Personalvorstand Schulte widerspricht: »Die Fluktuationsrate in der BVG AöR liegt unter einem Prozent, normalerweise liegt in Unternehmen die Quote bei drei bis fünf Prozent.« Die Antwort ist spitzfindig, denn die bei der privatrechtlichen BT Beschäftigten zählen nicht zum Personal der Anstalt öffentlichen Rechts (AöR).

Von einem nachhaltigen Fahrermangel will BVG-Chefin Sigrid Nikutta nichts wissen: »Wir brauchen lediglich mehr Ausbildungskapazitäten.« Obwohl ein möglicher Personalmangel im BVG-Jahresbericht als ernsthaftes Risiko für das Unternehmen bezeichnet wird. »Dabei steht die BVG vor der Herausforderung der Nachbesetzung offener Stellen mit qualifiziertem Personal bei einem gleichzeitig zu erwartenden Fachkräftemangel aufgrund des demografischen Wandels«, heißt es dort.

Für den kommenden Montag ist die nächste Gesprächsrunde vereinbart. Sollte bis 15. Juni keine Einigung zustande kommen, wäre ein Streik möglich. »Am 30. Juni endet die Friedenspflicht«, sagt Jeremy Arndt. Dann könnte es nicht nur um die Bezahlung, sondern auch um die Arbeitsbedingungen gehen.

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