Tories: Zuwanderung stark senken
Wahlprogramm der Konservativen verspricht Briten positive Brexit-Folgen
Genau drei Wochen vor den vorgezogenen Neuwahlen am 8. Juni hat Premierministerin Theresa May am Donnerstag das Wahlprogramm der Konservativen Partei vorgestellt. Wie sie es schon in den Wochen zuvor getan hatte, präsentierte sie sich als Garantin der Stabilität, die die kommenden Herausforderungen des EU-Austritts zu meistern wisse.
Innenpolitisch signalisierte sie eine Abkehr von der Ideologie des Thatcherismus und stellte eine größere Rolle für den Staat in Aussicht, etwa in Bezug auf die Industriepolitik. Sie kritisierte die uneingeschränkte Unterstützung für den freien Markt und den »eigennützigen Individualismus«.
Die größte Herausforderung - ein Wort, das die Premierministerin oft wiederholte - sei der bevorstehende Brexit. May versprach erneut, in den Verhandlungen mit Brüssel das bestmögliche Ergebnis herauszuschlagen. Sie betonte, dass sie keine Absicht habe, den Austritt nur halbherzig umzusetzen: »Wir werden die Europäische Union verlassen und die Kontrolle über unser Geld, unsere Grenzen und unsere Gesetze wiedererlangen.« Sie strebe jedoch eine »tiefe und besondere Partnerschaft« mit der EU an.
Das Wahlmanifest hält fest, dass die Einwanderung markant gesenkt werden soll: Von rund 270 000 pro Jahr auf weniger als 100 000. Dazu soll sowohl die Immigration aus anderen EU-Ländern als auch die aus Übersee stark reduziert werden. Dieses Ziel wiederholen die Tories seit vielen Jahren, ohne der anvisierten Zahl jemals näher gekommen zu sein. Dank Brexit versprechen sie sich, die gewünschte Zuwanderungskontrollen endlich umsetzen zu können. Firmen sollten etwa in Zukunft eine höhere Gebühr entrichten, wenn sie ausländische Arbeitskräfte einstellen. Allerdings wäre der Preis einer stärkeren Immigrationskontrolle laut Wirtschaftsexperten hoch: Die unabhängige Haushaltsbehörde Office for Budget Responsibility hat ausgerechnet, dass eine Reduktion in diesem Ausmaß zu Einbußen in Höhe von sechs Milliarden Pfund (sieben Milliarden Euro) pro Jahr führen würde.
Insgesamt repräsentiert das Wahlprogramm einen Versuch, die harte Linie in Bezug auf den EU-Austritt unter Beweis zu stellen, und gleichzeitig den Ruf der Tories als Interessenvertreter der reichen Schichten abzuschütteln. Nachdem Jeremy Corbyns Labour-Partei vor einigen Tagen ein klar linkes Wahlprogramm vorgestellt hat, wollen sich auch die Tories als Partei der Arbeitnehmer profilieren. So versprach May bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne, mehr Geld für den Gesundheitsdienst und tiefere Energiepreise. Die Details in Bezug auf viele dieser Vorschläge sind jedoch dünn. Zudem haben einige Programmpunkte bereits im Vorfeld zu Kritik geführt. So wollen die Tories im Fall eines Wahlsiegs die Sozialfürsorge reformieren, indem sie Rentner verpflichten, in Zukunft mehr Geld aus der eigenen Tasche beizusteuern. Auch soll die Bereitstellung von kostenlosen Mahlzeiten für Schulkinder gestrichen werden. Vorschläge wie diese sind von der Opposition heftig kritisiert worden. »Hinter der Rhetorik ist dies ein Wahlprogramm, das für die Mehrheit der Arbeitnehmer und Rentner Unsicherheit bringen wird«, sagte Andrew Gwynne, Wahlkampfchef der Labour-Partei. Er kritisierte auch den Plan, die Körperschaftssteuer bis 2020 von 20 auf 17 Prozent zu senken - tiefer als in den meisten Industriestaaten.
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