Republikaner gewinnt Wahl nach Angriff auf Reporter
Anzeige wegen Körperverletzung / Sanders-Demokrat konnte sich nicht durchsetzen
Ganz zum Schluss wurde es noch einmal rau im Wilden Westen. Bei der unerwartet heftig umkämpften Wahl um den Kongresssitz im US-Bundesstaat Montana hat sich der Republikaner Greg Gianforte durchgesetzt, einen Tag nachdem er einen Reporter des »Guardian« zu Boden gerissen hatte.
Nach Auszählung von 98 Prozent aller Stimmen holte der Republikaner Greg Gianforte 50,8 Prozent aller Stimmen, sein Herausforderer Rob Quist von den Demokraten kam auf 43 Prozent. Die Nachwahl war notwendig geworden, weil der republikanische Kongressabgeordnete Ryan Zinke zum Innenminister in der Trump-Regierung berufen wurde.
Der Wahlkampf für den Kongresssitz wurde Mittwochabend von einem Übergriff von Gianforte auf einen Reporter des britischen »Guardian« überschattet. Der war Mittwochabend von Gianforte zu Boden gerissen geworden. Dann prügelte der Republikaner laut Angaben des Guardian auf den Journalisten ein.
Mit im Raum war auch ein Team des konservativen Fernsehsenders »Fox News«. Gianforte habe Jacobs im Genick gepackt und auf den Boden gestoßen, dann habe er auf ihn eingeschlagen. Jacobs habe Gianforte dabei »zu keinem Zeitpunkt« attackiert, sondern habe sich nur über seine kaputte Brille beschwert, so »Fox News«-Reporterin Alicia Acuna. In einem Statement hatte das Gianforte-Wahlkampfteam behauptet, der Reporter habe den Republikaner aggressiv seinen Rekorder ins Gesicht gehalten und diesen »angegriffen«. Nach dem Vorfall wurde Jacobs ambulant versorgt, der Sheriff von Gallatin County hat mittlerweile eine Untersuchung wegen Körperverletzung angeordnet. Doch der Angriff hatte wohl keine wahlentscheidende Bedeutung, weil im dünn besiedelten Montana viele Wähler bereits vor Donnerstag per Briefwahl abgestimmt hatten.
Jacobs hatte den Republikaner nach seiner Haltung zu Trumpcare gefragt. Am Mittwoch ermittelte der US-Rechnungshof, dass durch den aktuellen Entwurf des »American Healthcare Act« 23 Millionen Menschen ihre Krankenversicherung verlieren werden. Umfragen zeigen, dass Obamacare auch unter Republikanern immer populärer wird und nur rund 20 Prozent der Amerikaner Trumpcare befürworten. Giantfortes Herausforderer Rob Quist von den Demokraten hatte vor allem mit seiner Ablehnung der Abschaffung von Obamacare mobilisiert. Er forderte stattdessen eine staatliche Gesundheitsversorgung für alle Amerikaner.
Im Wahlkampf war der Country-Sänger mit einem Wohnwagen durch den Präriestaat, der so groß ist wie Deutschland, gefahren. Der Mann mit dem Cowboyhut sprach sich gegen die gesellschaftliche Ungleichheit und den Verkauf öffentlichen Lands sowie für die Legalisierung von Marihuana aus. Das Parteiestablishment rund um das Zentralkomitee der Demokraten hatte Quist nur zögerlich unterstützt. Der lud stattdessen den bei Linken beliebten Senator aus Vermont, Bernie Sanders, zum Abschluß seines Wahlkampfs ein.
Gianforte hatte sich letztes Jahr noch von Trump distanziert. Nun warb er im Wahlkampf damit, diesen im Kongress dabei unterstützen zu wollen, den »Sumpf Washington trockenzulegen«. Der Multimillionär, der seine Software-Firma 2011 für 1,5 Milliarden Euro an Oracle verkaufte, will Tech-Jobs nach Montana holen und vermied es, sich zu Trumps Gesundheitspolitik zu äußern.
Zuletzt hatten Umfragen ein enges Rennen angezeigt. Daraufhin hatte Gianforte von den Republikanern prominente Hilfe und einen Geldregen republikanischer Lobbygruppen erhalten. Vize-Präsident Mike Pence und den Sohn des Präsidenten Donald Trump Jr. kamen zur Unterstützung in den Staat. Während Quist 650.000 US-Dollar in seinem Wahlkampf ausgab, investierte Gianforte mit 5,6 Millionen US-Dollar ein Vielfaches, vor allem für TV-Anzeigen gegen seinen Konkurrenten. Offenbar erfolgreich.
Während einer Wahlkampfrede für Quist hatte Bernie Sanders diese Woche die Wähler Montanas aufgefordert »ein Zeichen zu setzen«. Ein Überraschungssieg des Demokraten Quist ist in der Republikaner Hochburg Montana nun ausgeblieben. Der spärlich besiedelte Präriestaat an der Grenze zu Kanada wählte zuletzt 1994 einen Demokraten in den Kongress.
Doch das Ergebnis zeigt auch, das in Zeiten von Trumpcare selbst republikanische Hochburgen bei Wahlen umkämpft sind. Im November hatte Donald Trump bei der Präsidentschaftwahl Montana noch mit 21 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen. Nun setzte sich Gianforte mit nur acht Prozent Vorsprung durch. Mit einem ähnlich großen Vorsprung setzte sich kürzlich ein Republikaner bei einer Nachwahl im Republikaner-Staat Kansas durch, im konservativen Georgia holte der Demokrat Jon Ossof im April im ersten Wahlgang einer weiteren Nachwahl sogar die Mehrheit der Stimmen.
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