Marawi: 2000 Zivilisten sind eingeschlossen
Offensive gegen Islamisten im Süden der Philippinen
Marawi. Nach tagelangen Kämpfen zwischen Islamisten und Militär sind in der südphilippinischen Stadt Marawi 2000 Zivilisten eingeschlossen. Die meisten der 200 000 Einwohner seien mittlerweile geflohen, sagte ein Behördensprecher am Sonntag. 2000 Menschen sitzen demnach aber in Gebieten fest, die von den islamistischen Aufständischen kontrolliert werden. »Sie wollen weg, sie haben Angst um ihre Sicherheit«, sagte der Sprecher. Die Behörden könnten aber keine Rettungsteams in »unzugängliche Gebiete« schicken.
In der 200 000-Einwohner-Stadt Marawi auf der Insel Mindanao liefern sich Islamisten, die sich zur Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekennen, seit Dienstag Feuergefechte mit philippinischen Soldaten und Polizisten. Bei den Gefechten wurden inzwischen rund 100 Menschen getötet, darunter 61 Rebellen. Die Regierung beklage den Tod von 13 Soldaten und 4 Polizisten. Am Sonntag vermeldete das Militär den Tod von 19 Zivilisten. Sie seien von den Aufständischen getötet worden, sagte ein Militärsprecher. Ihre Leichen seien in der Nähe einer Universität gefunden worden. Unter den Toten seien auch drei Frauen und ein Kind.
Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP sah am Sonntag zudem acht Leichen, die am Stadtrand von Marawi von einer Brücke geworfen worden waren. Nach Angaben von Anwohnern handelte es sich ebenfalls um Zivilisten. Ob die acht Toten bereits in der Auflistung des Militärs enthalten sind, war zunächst unklar.
Angesichts der Kämpfe in Marawi hatte Präsident Rodrigo Duterte am Dienstag das Kriegsrecht über die gesamte Region Mindanao verhängt. Am Mittwoch drohte er damit, das Kriegsrecht auf das gesamte Land auszudehnen. Zur Begründung sagte er, die IS-Miliz habe inzwischen auch im Zentrum und im Norden der Philippinen Fuß gefasst.
»Die Offensive geht weiter«, erklärte Heeressprecher Oberstleutnant Jo-Ar Herrera am Sonntag. »Sie können fliehen, sich aber nicht verbergen. Es ist nur eine Frage der Zeit.«
In den Philippinen kämpfen muslimische Aufständische seit vier Jahrzehnten gegen die Regierung des mehrheitlich katholischen Landes. Mehr als 120 000 Menschen wurden bei diesen Konflikten bereits getötet. In der Region Mindanao, die aus der gleichnamigen großen Insel und weiteren kleineren Inseln besteht, verüben Mitglieder islamistischer Gruppen in ihrem Kampf für Unabhängigkeit oder Autonomie immer wieder Anschläge.
Die Verhängung des Kriegsrechts gefährdet die Friedensgespräche der Regierung mit den kommunistischen Rebellen der 1986 gegründeten Neuen Volksarmee. Die Rebellen hätten wegen des Kriegsrechts ihren Kämpfern verstärkte Angriffe befohlen, sagte Dutertes Sprecher Ernesto Abella am Samstag. Deshalb habe die Regierung die Gespräche ausgesetzt. Agenturen/nd
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