Bauer Sauer sehnt sich nach der Erde
Jurij Koch: In seinem neuen Buch warnt er schelmisch davor, die Raumfahrt kriegerisch zu nutzen
Der literarische »Obersorbe« Jurij Koch beging im vergangenen Jahr seinen 80. Geburtstag. Das gleiche Jubiläum beging kürzlich Siegmund Jähn, der erste Fliegerkosmonaut der DDR. Was könnte beide Jubiläen verbinden? Es ist das neue Buch von Jurij Koch, das in diesem Frühjahr erschien: »Bauer Sauer hinter dem Mond«. Das ist die Fortsetzung des Bestsellers »Bauer Sauer und der Maulwurf Ulf« (2013). Darin war der umtriebige und die Maulwürfe aus seinem Garten verscheuchende Bauer samt Haus in die Luft geflogen, nachdem er Silvesterraketen eingesetzt hatte, um die pflügenden Tierchen zu vergraulen.
Der Bauer landet nun samt demoliertem Haus nach langem Flug durchs All auf einem Himmelskörper hinter dem Mond. Als er erwacht und den neuen Zustand checkt, ist er in seinem Rest von Haus von sonderbaren Wesen umgeben. Sie gleichen Dachsen, haben etwas Maulwürfiges an sich, und statt eines Kopfes ragt ein Rüsselchen aus ihrem Hals, in dessen Öffnung sich eine wundersam leuchtende Kugel befindet. Diese Leuchtbällchen wiederum vermögen, Gegenstände und Zustände wieder so herzustellen, wie sie vordem gewesen waren. Also ist schnell für den Bauern der Zustand des demolierten Hauses oder Flugkörpers wieder greifbar, und die zerschlagenen Teile des Geschirrs formen sich zu einem Ganzen. Bauer Sauer ist beeindruckt, und er tauft die Geschöpfe, die sich um ihn tummeln, »Planetile« - Reptilien auf dem Planeten sozusagen.
Nach einem Traum wacht der Bauer mit Heimweh auf, das ihn plagt. Er nimmt sich deswegen fest vor, keine Maulwürfe mehr vertreiben zu wollen, sollte er jemals zur Erde zurückkehren dürfen. Nach einem Anruf zur Erde nähert sich ein seltsamer Flugkörper seinem Planeten, der wie der dampfende Kessel einer Lok aussieht. Ihm entweichen nicht nur eigenartige Geräusche, sondern auch bewaffnete Gestalten, die sich in militanter Weise über die Planetile hermachen. Ihnen geht es aber lediglich um den Besitz der wunderbaren Leuchtkugeln, und für Bauer Sauer ist es zunächst noch unklar, ob die Angreifer in guter oder böser Absicht handeln. Als es fast zu spät ist und die Soldaten ihren Feldzug schon als erfolgreich beendet ansehen, greift der listige Bauer zum Rest seiner verbliebenen Silvesterraketen, stoppt das bereits abhebende Vehikel, und es gelingt ihm, die Wunder wirkenden Leuchtkugeln den Planetilen zurückzugeben. Vielleicht helfen sie ihm dabei, sich seinen Wunsch nach einer Rückkehr zur Erde irgendwann zu erfüllen?
Märchenmotive wie Verwandlung und Rückverwandlung beleben die fantastische Handlung ebenso wie die außergewöhnlichen und exotischen Situationsschilderungen. Jurij Kochs Warnung davor, die Raumfahrt zu kriegerischen Zwecken zu benutzen, ist schnell zu erkennen. Denn dagegen sind die Schäden, die von Maulwürfen auf der Erde scheinbar angerichtet werden, eine Kleinigkeit. Und prima, dass sich der selbstbewusste und pfiffige Bauer auch in der neuen Umgebung zu helfen weiß. Die großflächigen, farbig vielgestaltigen und dynamischen Illustrationen von Thomas Leibe potenzieren den derb-ironischen Gestus des Textes. Das dürfte Vorleser sowie Leser ab fünf Jahren (Klappentext) erfreuen.
Jurij Koch: Bauer Sauer hinter dem Mond. Lychatz-Verlag, 34 S., geb., 9,95 €.
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