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Im Bewerbungsformular wurde nach dem Geburtsdatum gefragt

Urteile im Überblick

  • Lesedauer: 4 Min.

Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am 27. April 2017 veröffentlichten Urteil (Az. 8 AZR 418/15). Damit kann eine aus Russland stammende, deutsche Stellenbewerberin keine Diskriminierungsentschädigung von einer Software-Firma beanspruchen.

Die Frau hatte sich 2013 auf eine Stelle als »Android Software Entwickler (m/w)« beworben. Dazu füllte sie das Online-Bewerbungsformular des Arbeitgebers aus. Das Feld für die freiwillige Angabe ihres Geburtsdatums ließ sie leer. Verpflichtend war die Angabe »Herr« oder »Frau«. Auch Deutschkenntnisse wurden standardisiert, wie »Deutsch Muttersprache«, abgefragt. Die Bewerberin gab »Deutsch fortgeschritten« an.

Als sie eine Absage erhielt, fühlte sie sich wegen ihres Alters, ihres Geschlechts und ihrer Herkunft diskriminiert und verlangte eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von mindestens 10 000 Euro.

Das BAG konnte jedoch keine Diskriminierung erkennen. Mit den Abfragen »Herr« und »Frau« werde sie nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Die Angaben dienten lediglich der zutreffenden Anrede. Das lasse nicht darauf schließen, dass Bewerbungen von Frauen nicht erwünscht seien.

Auch die im Formular enthaltene freiwillige Abfrage des Geburtsdatums sei keine unzulässige Benachteiligung - hier wegen des Alters. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass damit der Arbeitgeber regelmäßig signalisiert, nur jüngere Bewerber einstellen zu wollen, betonte das BAG. Eine Altersdiskriminierung bestehe daher nicht.

Zwar habe der Arbeitgeber einen jüngeren, männlichen Bewerber eingestellt, der nicht studiert hat. Zumindest private Arbeitgeber seien aber grundsätzlich frei, bei der Bewerberauswahl die im Stellenprofil geforderten Angaben unterschiedlich zu gewichten. Hier habe der Arbeitgeber Wert auf die Berufserfahrung des eingestellten Mannes gelegt.

Schließlich stelle auch die Abfrage der Deutschkenntnisse keine Diskriminierung wegen der Herkunft dar. Die zur Auswahl stehenden Angaben ließen nicht darauf schließen, dass der Arbeitgeber »mit überwiegender Wahrscheinlichkeit« einem »Muttersprachler« den Vorzug geben wollte. epd/nd

Zu krank für den Job: Bei Verschweigen droht Kündigung

Mitarbeitern droht die Kündigung, wenn der Betriebsarzt sie für ungeeignet für ihren Job hält - und sie das dem Arbeitgeber verschweigen.

Darauf verweist die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und bezieht sich auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln (Az. 7 Sa 217/15).

In dem verhandelten Fall wurde einem Mann gekündigt, der seit Jahren Lkw-Fahrer für Gefahrguttransporte war. Der Betriebsarzt stellte fest, dass es befristete gesundheitliche Bedenken gegen seinen Einsatz gibt. Darüber informierte der Mitarbeiter seinen Arbeitgeber jedoch nicht. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, dass sein Mitarbeiter ihm dies verschwieg, kündigte er ihm fristlos. Dagegen wandte sich der Mann mit seiner Klage.

Die Klage war erfolglos. Es stelle einen schweren Arbeitsvertragsverstoß dar, wenn der Arbeitnehmer das Ergebnis einer solchen Untersuchung dem Arbeitgeber verschweige. Die Durchführung von Gefahrguttransporten sei eine in hohem Maße gefahrgeneigte Tätigkeit. Der Arbeitnehmer sei deshalb verpflichtet, den Arbeitgeber über die Bedenken des Betriebsarztes zu informieren, so das LAG. DAV/nd

Anspruch auf Krankengeld trotz zu später Krankschreibung

Aus Fehlern des Arztes bei der Krankschreibung dürfen Krankenversicherten keine Nachteile erwachsen. Einem Versicherten dürfe nicht die Fortzahlung des Krankengeldes verweigert werden, wenn sein Hausarzt eine zu große zeitliche Lücke zwischen einer Krankschreibung und einer Folgekrankschreibung entstehen ließ.

Das geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel vom 11. Mai 2017 (Az. B 3 KR 22/15 R) hervor.

Habe der Versicherte »alles in seiner Macht Stehende« getan, damit seine Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig bescheinigt wird, dürfen Fehler des Arztes nicht zu seinen Lasten gehen. In solch einem Ausnahmefall müsse die Krankenkasse weiter Krankengeld zahlen, so das BSG.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen dürfen bei einer Krankschreibung und einer Folgekrankschreibung für den Anspruch auf Krankengeld keine zeitlichen Lücken entstehen. Bis 22. Juli 2015 musste der Versicherte sogar noch vor Ablauf der ersten Krankschreibung sich die Arbeitsunfähigkeit für die danach folgende Zeit erneut bescheinigen lassen. Seitdem ist es ausreichend, dass nach Ablauf der Krankschreibung ein Werktag später diese erneut bescheinigt wird. Entsteht jedoch darüber hinaus eine zeitliche Lücke von einem oder mehr Tagen, geht der Anspruch auf Krankengeld für dieselbe Krankheit verloren.

Im konkreten Fall hatte die an Depressionen erkrankte und von ihrem Arbeitgeber gekündigte Klägerin ihren Hausarzt rechtzeitig darauf hingewiesen, dass sie für den Folgeanspruch auf Krankengeld die erneute Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötige. Der Arzt meinte, dass dies die Fachärztin einen Tag später erledigen könne. Dies war aber ein Tag zu spät, so dass die Handelskrankenkasse die Fortzahlung des Krankengeldes ablehnte.

Die Klägerin habe aber alles ihr mögliche getan, so die Richter des Bundessozialgerichts in Kassel. Sie sei rechtzeitig beim Arzt erschienen. Auch entsprechende Gesundheitsbeschwerden seien vorhanden gewesen. Ihr stehe daher Krankengeld weiter zu. epd/nd

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