G20-Camp: Aktivisten ziehen vor das Verfassungsgericht

Hamburger Oberverwaltungsgericht hat das Zeltlager im Stadtpark verboten / Rechtsmittel ausgeschlossen

  • Lesedauer: 3 Min.

Hamburg. Das Hamburger Oberverwaltungsgericht hat das von den Gegnern des G20-Gipfels im Stadtpark geplante Protestcamp verboten. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass bei dem Protestcamp »bei einer Gesamtschau« das Übergewicht bei »nicht auf die Meinungskundgabe gerichteten Elemente« bestehe. »Dem Vorleben einer ‚alternativen‘ Lebensweise«, so das Gericht, »komme hier für sich genommen kein versammlungsrechtlich geschützter Kundgabecharakter zu.«

»Sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht träten die auf dem Gelände des Protestcamps vorgesehenen Veranstaltungen, die auf eine Meinungskundgabe gerichtet seien, hinter den Veranstaltungen, die nicht auf eine Meinungskundgabe gerichtet seien, und hinter der Bereitstellung von Schlaf- und Versorgungszelten zurück«, argumentierten die Richter. »Bei wertender Betrachtung seien das Übernachten auf dem Gelände und die dafür erforderliche Infrastruktur, unter anderem das Aufstellen von bis zu ca. 3.000 Zelten, kein funktioneller oder symbolischer Teil der Meinungskundgabe.«

Die Richter verwiesen auf das vom Veranstalter des Protestcamps vorgelegte Konzept. Daraus lasse »sich nicht entnehmen, in welchem Zusammenhang diese Elemente zu den inhaltlichen Veranstaltungen auf dem Gelände stünden. Auch ergebe sich nicht, dass es nach dem Charakter der auf dem Gelände vorgesehenen Veranstaltungen erforderlich oder vorgesehen sei, dass alle oder zumindest der überwiegende Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ‚rund um die Uhr‘« ihre Meinungsäußerung öffentlichkeitswirksam präsentieren. Dies sei etwa bei einer Mahnwache gegeben. »Nach dem vorgelegten Programm endeten alle auf dem Gelände des Protestcamps vorgesehenen Veranstaltungen abends.«

Das Gericht entschied zudem, dass Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht möglich sind. Die Veranstalter des Protestcamps können nun noch Verfassungsbeschwerde erheben.

Aktivisten gehen vor das Verfassungsgericht

Das Organisationsteam des »Antikapitalistischen Camps« kündigte noch am Freitag an, den Schritt vor das Verfassungsgericht zu gehen. »Wir nutzen alle legalen Mittel, um das Camp zu ermöglichen. Wir bereiten die Klage in Karlsruhe nun vor«, sagte Branco Geiger, Mitglied aus der Vorbereitungsgruppe, gegenüber dem »nd«. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts sei für die Aktivist*innen unverständlich. »Das Verwaltungsgericht machte in seinem Urteil zuvor deutlich, dass es ein Kooperationsgespräch zwischen der Innenbehörde und uns geben müsse, damit die Frage geklärt werden könne, ob es sich bei unserem Camp um eine politische Versammlung handelt«, so der Aktivist. »Wir warten bis heute darauf, dass sich die Innenbehörde für dieses Gespräch bei uns meldet.«

Das Hamburger Gericht habe die Frage nach dem Versammlungscharakter nun über die Zählung der Toiletten und dem Vergleich der für Workshops und Schlafzelte genutzten Quadratmeter gelöst. Es könne aber nicht darum gehen, was wieviel Fläche in Anspruch nehme – die Schlafzelte seien notwendig, um die Dauerkundgebung überhaupt stattfinden zu lassen. »Es gibt einen deutlichen politischen Willen, das Camp nicht stattfinden zu lassen«, so Geiger. »Wir merken, dass vom Senat über Polizei und Versammlungsbehörde alle dagegen kämpfen, den Protest zgegen die G20 zu ermöglichen.«

Auch der LINKE-Politiker Niema Movassat kritisierte das Urteil scharf. »Jetzt macht die Justiz in Hamburg also dabei mit, das Versammlungs- und Demonstrationsrecht außer Kraft zu setzen«, schrieb er auf Twitter.

Bereits am Mittwoch hatte Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer im »NDR« gesagt, er gehe davon aus, dass die Klagen gegen die Veranstaltungsverbote am Ende vor dem Bundesverfassungsgericht enden würden. »Wilde Camps«, wie der Anwalt Andreas Beuth sie für den Notfall angekündigt hatte, würde die Polizei nicht dulden. nd

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