Seenotretter im Visier der Behörden
Gegen »Mission Lifeline« wurde Anzeige wegen Verdacht auf Schleusung gestellt
Dresden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen zwei Mitglieder des Dresdner Verein für Seenotrettung »Mission Lifeline«. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen die Seenotretter lautet »Versuch des Einschleusens von Ausländern«. Mit dem Verfahren gehe die Behörde zwei Strafanzeigen nach, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden am Montag. Die Ermittlungen führe die Bundespolizei. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, Lorenz Haase sagte gegenüber dem »Tagesspiegel«, es sei eine Strafanzeige gegen zwei namentlich Beschuldigte eingegangen. Seine Behörde sei gezwungen, den »Sachverhalt aufzuklären.«
Wegen des Vorwurfes erhielten die beiden Vereinsvorsitzenden jetzt Vorladungen der Bundespolizei in Pirna. Der Vorsitzende des Vereins, Axel Steier, sagte, die Anzeigen richteten sich gegen ihn und seinen Stellvertreter Sascha Pietsch. »Der Vorwurf ist völlig absurd und an den Haaren herbeigezogen! Seenotrettung ist Pflicht für jedes Schiff. Statt uns zu verfolgen, sollten sich auch die Bediensteten der Justiz für die Menschen einsetzen, die in Seenot geraten«, so Steier.
Die Staatsanwaltschaft habe leichtfertig ein Verfahren eröffnet, »bloß, weil irgendein Wutbürger Anzeige erstattet hat«, erklärte Steier weiter. Zunächst habe der Verein die Vorladung für Fälschung gehalten, da es weder die strafrechtlich relevanten Paragrafen, noch eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe. Nun werde »Mission Lifeline« Akteneinsicht beantragen, um zu erfahren, wer die Strafanzeige gegen die Seenotretter gestellt hat, schildert Steier. Der Verein werde abwarten, was der genaue Wortlaut sei. Sollte die Anzeige falsche Tatsachenbehauptungen enthalten, werde man juristisch gegen den Erstatter vorgehen. Die Bundespolizei habe Steier und Pietsch für den 6. Juli zu einer Vernehmung geladen.
Die Seenotrettungsorganisation »Mission Lifeline« sammelt seit über einem Jahr Spenden für Rettungsschiff, mit dem Schiffbrüchigen im Mittelmeer geholfen werden sollen. Mittlerweile verbucht sie auf ihrem Konto eine Summe von 190.000 Euro, was knapp 80 Prozent der benötigten Summe zur Finanzierung eines entsprechenden Schiffes samt Mannschaft und Betriebsmitteln entspricht. »Wir befürchten, dass letztlich versucht werden soll, die Spendenbereitschaft für unsere Mission zu beeinträchtigen«, sagte Steier zu dem Ermittlungsverfahren.
Die Organisation »Sea-Watch« und weitere Seenotreetungsorganisationen wie »Mission Lifeline« haben vor Kurzem die Europäische Union aufgefordert, Schiffe für die Rettung von Geflüchteten im Mittelmeer einzusetzen. Zudem dürfe die libysche Küstenwache nicht weiter mit EU-Geldern gefördert werden, da die sie die Arbeit der Flüchtlingsorganisationen behindere und dadurch das Leben der Geflüchteten und der ehrenamtlichen Retter gefährde. Allein in diesem Jahr sind laut UN-Flüchtlingshilfswerk bereits über 2000 Menschen auf dem Mittelmeer ums Leben gekommen. Agenturen/nd
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