Aktenzeichen NSU ungelöst
Ausschuss legt Abschlussbericht vor - Opposition fordert ehrliche Aufklärung
Berlin. An diesem Dienstag wird der Abschlussbericht des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses an den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert übergeben. Darin sind zahlreiche Versäumnisse und Vergehen von Sicherheits- und Geheimdienstbehörden aufgelistet. Die Linksfraktion und die der Grünen fügten jeweils ein Sondervotum an. Die Opposition im Bundestag fordert vehement, dass die Aufklärung der Terrortaten des »Nationalsozialistischen Untergrundes« (NSU) weitergehen müsse. Gleiches gilt für die Aufarbeitung der Versäumnisse und Fehler, die von Geheimdienst- und Sicherheitsbehörden begangen wurden.
In dem Abschlussbericht werfen die Ausschussmitglieder unter anderem dem Land Hessen eine erhebliche Beeinträchtigung der Aufklärung vor. Nicht nur Akten wurden lückenhaft herausgegeben. Auch offene Fragen im Zusammenhang mit dem Landesverfassungsschutz sind genannt. So war der V-Mann-Führer des Geheimdienstes Andreas Temme am 6. April 2006 vor dem Mord an Halit Yozgat am Tatort, einem Internetcafé in Kassel. Die Mordtat wird dem NSU zugeschrieben.
Der damalige Innenminister Volker Bouffier (CDU) habe Temme die Ermittler vom Halse gehalten, so ein Vorwurf. Der jedoch sei »Unsinn«, erklärte der heutige hessische Ministerpräsident am Montag. Er war als Zeuge vor den NSU-Untersuchungsausschuss in Wiesbaden geladen. Damals habe er vor einem Interessenkonflikt bei seiner Entscheidung gestanden, V-Leute des Verfassungsschutzes direkt von Polizisten befragen zu lassen, sagte Bouffier. Wenn die Quellen offengelegt worden wären, hätte das erhebliche Auswirkungen auf die Beobachtung der islamistischen Szene in Nordhessen gehabt. Zudem konnte sich Bouffier nicht daran erinnern, bei einem Grillfest des Freundeskreises CDU im Verfassungsschutzamt Temme begegnet zu sein. Es sei »Freud und Leid« eines Politikers, dass er viele Grillfeste besuchen müsse.
Das rechtsterroristische NSU-Netzwerk, das im Herbst 2011 aufflog, ermordete zwischen 2000 und 2006 mutmaßlich zehn Menschen. Zudem verübte das Kerntrio mindestens drei Bombenanschläge sowie zahlreiche Banküberfälle. nd Seite 2
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