Ein Gesetz mit Haken und Ösen
Im Nordosten drohen auf dem Land höhere Steuern
In Mecklenburg-Vorpommern droht das Wohnen auf dem Land teurer zu werden. Viele Kommunen könnten sich in den nächsten Jahren genötigt sehen, die Steuer für Hauseigentümer (Grundsteuer B) zu erhöhen. Da sie auf Mieter umgelegt wird, sind davon letztlich alle betroffen.
Der Hintergrund ist etwas kompliziert: Das Innenministerium will mit dem neuen Finanzausgleichsgesetz, das gerade vorbereitet wird, einen sogenannten Nivellierungshebesatz unter anderem für die Grundsteuer festlegen. An diesem orientiert sich das Land bei der Berechnung seiner Finanzzuweisungen an die Kommunen: Um die Bedürftigkeit einer Gemeinde zu ermitteln, geht das Land von Einnahmen aus, die vorhanden wären, wenn der vorgegebene Nivellierungshebesatz erhoben würde. Wer mit seinem Hebesatz - weshalb auch immer - unterm Nivellierungshebesatz bleibt, verliert also Geld.
Das Deutsche Steuerzahlerinstitut kritisiert, »dass Gemeinden, deren örtliche Grundsteuerhebesätze unter dem gesetzlichen Nivellierungshebesatz liegen, im kommunalen Finanzausgleich tendenziell benachteiligt werden, weil ihnen eine fiktive Steuerkraft angerechnet wird, die höher als ihre tatsächliche Steuerkraft ist und somit zu geringen Schlüsselzuweisungen führt«. Für kreisangehörige Gemeinden ergebe sich so auch eine höhere Kreisumlage.
Das Innenministerium will neue Nivellierungshebesätze auch für die Grundsteuer A (landwirtschaftlicher Boden) und für die Gewerbesteuer festlegen und sie dann für mehrere Jahre konstant halten. Die geplanten Sätze für den ländlichen Raum liegen jedoch teils deutlich über den jetzigen. In den sechs kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Wismar, Stralsund und Greifswald sollen die Sätze dagegen sinken.
So liegt der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer B in den sechs großen Städten aktuell bei 530 Prozent. Der neue Satz soll 477 Prozent betragen - die Städte werden also entlastet. Für die kreisangehörigen Gemeinden soll der Satz von aktuell 362 auf 396 Prozent steigen. Dieser Prozentsatz wird in einer komplizierten Berechnung mit dem Wert einer Immobilie multipliziert und ergibt dann die Steuerschuld des Eigentümers. Bei der Grundsteuer A ist nach Angaben des Innenministeriums für Gemeinden im ländlichen Raum ein Anstieg von 294 auf 307 Prozent geplant, bei der Gewerbesteuer von 327 auf 348 Prozent.
Der Bund der Steuerzahler sieht das Vorhaben kritisch. Der Plan des Innenministeriums sei zwar, die in Gang gesetzte Hebesatzspirale durch Festsetzung der Nivellierungshebesätze einzudämmen. »Die Festschreibung der Nivellierungshebesätze wäre aber nur dann ein moderates Mittel, wenn diese nicht an den Landesdurchschnitt angenähert würden«, sagte die Landesvorsitzende Sophie Mennane-Schulze. In vielen Kommunen des Landes lägen die Hebesätze noch deutlich unter dem Durchschnitt. »Die meisten Kommunen wären daher wiederum zur Anhebung ihrer Hebesätze gezwungen, was letztlich die Einwohner und ansässigen Unternehmer trifft.« Bei der Gewerbesteuer werde den Kommunen auch ein Teil ihrer wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit und Selbstverwaltung genommen, warnte sie.
Auch die Opposition im Landtag sieht das Vorhaben kritisch. Bei der LINKEN befürchtet man, dass am Ende die »Einwohner und Gewerbetreibenden die Gelackmeierten« sind. dpa/nd
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